Keine Freunde treffen, auf Besuch bei den Eltern verzichten, nicht demonstrieren: Die Verbote in der Corona-Krise greifen in viele Grundrechte ein. Das Bundesverfassungsgericht setzt die Maßnahmen in Bayern trotzdem nicht außer Kraft. Der Kläger hat aber noch Chancen.

Karlsruhe - Ein Kläger aus Bayern ist beim Bundesverfassungsgericht mit einem Eilantrag gegen die Verbote und Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gescheitert. Die Richter lehnten es ab, die bayerischen Corona-Verordnungen bis zu einer Entscheidung über seine Verfassungsbeschwerde außer Kraft zu setzen. Die Maßnahmen beschränkten die Grundrechte zwar erheblich, teilte das Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit. Aber: „Gegenüber den Gefahren für Leib und Leben wiegen die Einschränkungen der persönlichen Freiheit weniger schwer.“ (Az. 1 BvR 755/20)

 

Der Kläger hält es für zu weitgehend, dass er im Moment keine Freunde treffen, die Eltern nicht besuchen, nicht demonstrieren und keine neuen Menschen kennenlernen darf. So könne er etwa „keine Partnerschaft anbahnen“ und auch nicht mit anderen musizieren.

Sein Eilantrag ist der erste in Karlsruhe, der die formalen Hürden genommen hat, so dass sich die Richter damit auch inhaltlich auseinandersetzten. Im Eilverfahren bedeutet das nur, dass sie eine sogenannte Folgenabwägung vornehmen: Sie bewerten, welche Nachteile es für den Kläger hätte, wenn seine Verfassungsklage am Ende Erfolg haben sollte, die Maßnahmen bis dahin aber weiter gelten. Das stellen sie dem gegenüber, was bei einem Außerkraftsetzen passieren würde.

Für die Richter spielte bei ihrer Abwägung eine Rolle, dass die Regelungen befristet sind

Im Ergebnis halten die Richter die „erheblichen und voraussichtlich teilweise auch irreversiblen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Folgen“ der Beschränkungen nicht für unzumutbar. Die Verfassung verpflichte den Staat auch zu einem „möglichst weitgehenden Schutz von Gesundheit und Leben“.

Ohne die Verbote würden Geschäfte wieder öffnen und Menschen häufiger vor die Tür gehen, um andere zu treffen, heißt es in dem Beschluss, der bereits am Dienstag gefasst wurde. „Damit würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen nach derzeitigen Erkenntnissen erheblich erhöhen.“

Für die Richter spielte bei ihrer Abwägung eine Rolle, dass die Regelungen befristet sind. Bei den Ausgangsbeschränkungen seien außerdem viele Ausnahmen vorgesehen, und bei der Ahndung von Verstößen werde dem Einzelfall Rechnung getragen. Über die Verfassungsbeschwerde werden die Richter zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. „Sie bedarf eingehenderer Prüfung“, hieß es.

Die Richter hatten Eilantrag und Beschwerde zugelassen, obwohl der Kläger direkt nach Karlsruhe gezogen war. Eigentlich hätte er sich zunächst an die Verwaltungsgerichte wenden müssen. Allerdings haben sowohl der Verwaltungs- als auch der Verfassungsgerichtshof in Bayern schon ähnliche Eilanträge abgewiesen. Vorher die Fachgerichte anzurufen, sei deshalb „derzeit offensichtlich sinn- und aussichtslos“, entschieden deshalb die Karlsruher Richter.