Das Land hat öffentliche Versammlungen mittlerweile verboten. Unklar ist, ob dies auch für kommunalpolitische Sitzungen gilt. Städte und Gemeinden gehen mit dieser Situation ganz unterschiedlich um.

Filder - Nichts ist mehr, wie es war. Eltern sind gleichzeitig Aushilfslehrer und Homeoffice-Mitarbeiter. Fast alle Veranstaltungen sind aufgrund der Corona-Krise abgesagt, Läden haben geschlossen. Wer in Leinfelden-Echterdingen aufs Rathaus will, muss zuvor anrufen. 13 bestätigte Corona-Fälle gab es laut Bürgermeisterin Eva Noller am Dienstagabend in L.-E.; um die Ansteckungsgefahr gering zu halten, verzichtet die Kommune auf die Infoveranstaltung zum Thema Sanierung der Stettener Hauptstraße. Dazu hätten 150 Menschen eingeladen werden müssen, erklärt die Bürgermeisterin. Nun muss ein Infobrief reichen.

 

Dann war dies aber nicht mehr zu halten

Selbst Oberbürgermeister Roland Klenk arbeitet viel von zu Hause aus, wie er sagt. Er schaut, dass er die Treffen mit seinen Beigeordneten und anderen städtischen Mitarbeitern auf das Nötigste begrenzt. Trotzdem sollte die Arbeit der politischen Gremien weitergehen – bis dies allerdings nicht mehr zu halten war. Stuttgart hatte zu diesem Zeitpunkt schon sämtliche Sitzungen, auch jene der Bezirksbeiräte, bis zum 2. April abgesagt. Beschlüsse einfacher Art werden mittlerweile auf elektronischem Wege gefasst.

In Leinfelden-Echterdingen hielt man indes noch am normalen Sitzungsplan fest, wenn auch unter neuen Bedingungen. Zweimal haben Ausschüsse in der Echterdinger Zehntscheuer getagt und damit in einem deutlich größeren Saal als früher. Am Dienstagabend im Technischen Ausschuss erwartete die Stadträte eine neue Sitzordnung. Jeder Mandatsträger musste an einer Einzelbank Platz nehmen, um den angeratenen Sicherheitsabstand von zwei Metern einzuhalten. Bürgermeisterin Noller forderte das Publikum auf, den Abstand zu einander zu wahren. „Eine Vorsichtsmaßnahme“, wie sie betont. Statt eines Verpflegungskorbs für alle gab es für jeden einen Extra-Teller. Die Tagesordnung wurde um zwei Punkte ausgedünnt.

Neue Verordnung habe den Anstoß gegeben

Gleiches sollte auch für die in der nächsten Woche geplante Gemeinderatssitzung gelten. Sie sollte in die Filderhalle verlegt werden, damit die Teilnehmer noch mehr auf Abstand zueinander gehen können. „In beiden Sitzungen gab und gibt es Themen, die aufgrund ihrer Bedeutsamkeit nicht verschoben werden können“, begründete Klenk das Vorgehen noch am Dienstag gegenüber unserer Zeitung. Keine 24 Stunden später wird die anberaumte Gemeinderatsitzung und auch eine für Anfang Mai geplante Klausurtagung abgesetzt.

Die neueste Rechtsverordnung des Landes zum Infektionsschutz, die am Mittwoch in Kraft trat, hat laut Klenk den Anstoß gegeben. Demnach sind nun öffentliche Versammlungen grundsätzlich verboten, egal wie viele Leute daran teilnehmen. Ungeklärt ist bis dato die Frage, ob eine Gemeinderatssitzung per Definition eine solche öffentliche Versammlung ist. Der Rathauschef hat sich am Donnerstagmittag mit den Fraktionsspitzen getroffen, um mit ihnen über das weitere Vorgehen zu sprechen. Er hat ihnen vorgeschlagen, dass er in den wichtigen Punkten, die für die Sitzung am Dienstag vorgesehen waren und in Ausschüssen bereits beraten wurden, Eilentscheidungen treffen kann. Damit die Arbeit in der Verwaltung nicht völlig stillgelegt wird.

Bürgermeister Lutz in Quarantäne

Derweil leert sich auch der Kalender der Mandatsträger von Waldenbuch und Filderstadt. Petra Eisele, Sprecherin von Waldenbuch, schreibt unserer Zeitung auf Nachfrage: „Die für Dienstag, 24. März, geplante Gemeinderatssitzung wurde zur Sicherheit der Gremiumsmitglieder, der Zuhörer sowie der Mitarbeiter abgesagt.“ Aktuell sind zwei Personen in der Stadt erkrankt, informiert die Kommune am Mittwoch in einem Schreiben. Bürgermeister Michael Lutz und seine Frau Regina sind seit Dienstagabend in Quarantäne, weil ein naher Verwandter positiv auf das Virus getestet wurde. Ihnen gehe es gesundheitlich gut, erklärt Lutz.

Der Gemeindetag Baden-Württemberg führt derweil Gespräche mit dem Innenministerium, um zu klären, wie es in der Corona-Krise mit der politischen Gremienarbeit weitergehen kann. Liegen die Ergebnisse vor, werden alle Gemeinden dazu informiert, sagt eine Sprecherin. Möglicherweise wird es dann eine Verordnung geben, die für alle Kommunen des Landes gilt, ist aus der Verwaltung der Gemeinde Steinenbronn zu hören. So lange wird die Gemeinde normal zu den Sitzungen einladen, heißt es aus dem Rathaus Steinenbronn.

Warten auf Infos vom Gemeindetag

Auch in Filderstadt wartet man gespannt auf die Informationen vom Gemeindetag. Selbst wenn eine Gemeinderatssitzung dann noch erlaubt wäre, hätte OB Christoph Traub seine Schwierigkeiten damit. „Ich tue mich schwer, die Bevölkerung aufzurufen, zu Hause zu bleiben und dann gleichzeitig 32 Menschen zu einer öffentlichen Sitzung einzuladen“, sagt er. Genauso wie OB Klenk will er deshalb noch diese Woche das Gespräch mit den Fraktionsspitzen dazu suchen.

Bisher gilt in Filderstadt die Regel, dass dort noch die beschließenden Ausschüsse und das Vollgremium des Gemeinderates zusammenkommen. Alle Sitzungen sollen im Bernhausener Bürgerzentrum stattfinden, die Sitzordnung den Gegebenheiten angepasst werden. Die nächste regulär geplante Ausschusssitzung ist aber erst Ende des Monats, das Vollgremium würde erst wieder Anfang Mai tagen. „Bis dahin ist also noch etwas Zeit“, sagt Traub.