Mehr Tests sollen helfen, Corona einzudämmen. Das Land erneuert sein Konzept. Doch wer soll alles getestet werden, und wer zahlt das? Für reine Vorsorge muss der Normalbürger wohl weiter selbst zahlen.

Karlsruhe - Testen, testen, testen: Um Corona-Infektionen einzudämmen und schneller zur Normalität zurückkehren zu können, soll es deutlich mehr Corona-Tests geben. „Wir arbeiten an einem Test-Konzept, das voraussichtlich am 23. Juni im Kabinett vorgestellt werden soll“, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Sozialministeriums. Das Land sei froh, dass es nun auch ein Signal vom Bund gebe, sagte er in Hinblick auf eine neue Verordnung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), die eine Reihe zusätzlicher Testmöglichkeiten auf Kassenkosten festlegt.

 

Das Land hat schon zuvor Altenheime flächendeckend durchtesten lassen - auch ohne dass Symptome vorlagen. Inwiefern es nun mehr Möglichkeiten für kostenlose Tests in Baden-Württemberg gibt, ist unklar. Noch sind keine Einzelheiten des Landeskonzepts bekannt. Doch die Richtung ist klar: Tests ausweiten und Kapazitäten hochfahren. „Solange es kein Impfmittel gibt, müssen wir testen.“

Welche Test-Arten gibt es?

Die gängigen Arten sind der PCR-Test und der Antikörper-Test. Der PCR-Test (er steht für Polymerase-Kettenreaktion zum Nachweis des Virus-Erbguts) weist per Rachen- oder Nasenabstrich eine akute Corona-Infektion nach. Mit dem Antikörper-Test der Methode ELISA kann hingegen festgestellt werden, ob jemand infiziert war. Dabei wird Blut auf Antikörper gegen SARS-CoV-2 untersucht. Beide Test-Arten werden von Haus- und Fachärzten oder Fieberambulanzen vorgenommen.

Was ist mit Tests aus dem Internet?

Der PCR-Test wird auch als Schnelltest angeboten. Weil man aber üblicherweise alleine nicht weit genug mit dem Teststäbchen in den Rachen kommt und das Ergebnis so unzuverlässig ist, rät die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) Patienten ab, das auf eigene Faust zu tun. Auch weisen Labormediziner auf eine „fragliche“ Qualität bei Antikörper-Schnelltests aus dem Internet hin. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt zudem vor gefälschten Tests.

Wie sicher sind Ergebnisse von Antikörper-Tests?

Da Antikörper-Tests auch auf andere Coronaviren reagieren, bringt nur ein sogenannter Neutralisationstest Sicherheit: Dabei wird geprüft, ob Antikörper des Patienten das Virus neutralisieren können. Diese Untersuchung ist nach Angaben des Landesgesundheitsamtes aber sehr aufwendig und nicht für Massentests geeignet. Der Antikörper-Nachweis durch Schnelltests sei in der Regel nicht spezifisch genug.

Wer übernimmt die Kosten der Tests?

Die Kosten für einen PCR-Test werden bislang von der Krankenkasse übernommen, wenn ein Infektionsverdacht besteht - also bei Symptomen wie Fieber, Husten, Halsschmerzen oder bei Geruchs- und Geschmacksstörungen - oder wenn der Patient in den letzten 14 Tagen Kontakt zu einer an Covid erkrankten Person hatte und selbst Symptome aufweist. Ein Antikörper-Test wird nach Angaben der KVBW dagegen nur in Ausnahmefällen von den Kassen bezahlt: etwa, wenn ein Patient Symptome trotz negativem PCR-Test hat und von einer Corona-Infektion ausgegangen wird.

Was tut sich im Land?

Baden-Württemberg hat Ende April die Möglichkeit von Tests für Menschen auch ohne Symptome erweitert, etwa in medizinischen Einrichtungen, Alten- und Pflegeheimen sowie Gemeinschaftsunterkünften. Einige Gesundheitsämter etwa in den Landkreisen Tübingen, Reutlingen und Böblingen ließen laut Sozialministerium schon früher in Heimen flächendeckend testen. Die neue Verordnung der Bundesregierung weitet den Rahmen für Tests ohne Symptome nun deutlich aus. Damit sollen vor allem mehr Tests in Pflegeheimen, Kliniken, Schulen und Kitas ermöglicht werden.

Wie sieht es mit den Test-Kapazitäten aus?

Zurzeit gibt es laut Ministerium in Baden-Württemberg bei niedergelassenen und staatlichen Laboren, Universitäten und Kliniken Kapazitäten für etwa 120 000 Tests auf SARS-CoV-2 pro Woche. „Die aktuell in Baden-Württemberg zur Verfügung stehende Menge an Tests auf das neuartige Coronavirus wird in hohem Maße ausgenutzt“, hieß es. Aus Sicht mancher Ärzte aber noch zu wenig. So wäre in Alten- und Pflegeheimen nach Meinung der Tübinger Notärztin Lisa Federle längst eine zweite Testrunde fällig gewesen. In einem Interview mit dem „Schwäbischen Tagblatt“ forderte sie auch stichprobenartige Tests in Kindergärten und Schulen.

Was ist, wenn man sich privat vorsorglich testen lassen möchte?

Solche Tests müssen in der Regel bislang aus eigener Tasche bezahlt werden. Ein PCR-Test kann zwischen 150 und 200 Euro kosten, ein Antikörper-Test - je nach Anbieter - zwischen 25 und 60 Euro.

Was taugen Immunitätsnachweise?

Nicht viel. Generell gehen Experten zwar derzeit davon aus, dass genesene Patienten nur ein geringes Risiko haben, ein zweites Mal an COVID-19 zu erkranken. „Unklar ist jedoch noch, wie robust und dauerhaft dieser Immunstatus aufgebaut wird und ob es möglicherweise von Mensch zu Mensch Unterschiede gibt“, so das Robert Koch-Institut. Zugleich ist ein negativer PCR-Test kein Freifahrtsschein - und erst recht kein Anlass, auf Sicherheitsabstand und Maske zu verzichten: „Ein Test ist immer nur eine Momentaufnahme“, betont KVBW-Sprecher Kai Sonntag. Der Betroffene kann vielleicht momentan aufatmen - und sich doch gleich nach dem Test irgendwo anstecken.