Angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Aussichten wächst in vielen Ländern die Ungeduld. Ausgangsbeschränkungen und andere Schutzmaßnahmen sollen gelockert werden. Auch in stark von der Pandemie betroffenen Ländern.

Madrid/Paris/Washington - Nach Fortschritten im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus wagen einige Länder Lockerungen ihrer Ausgangsbeschränkungen und anderer Schutzmaßnahmen. Österreich kündigte am Dienstag ein Ende der Ausgangsbeschränkungen zum 1. Mai an und macht damit große Schritte in Richtung Normalität. Andere EU-Länder wie Spanien und Frankreich lassen es langsamer und vorsichtiger angehen. In den USA kündigte Präsident Donald Trump an, die Amerikaner freuten sich auf eine sichere und schnelle Wiedereröffnung des Landes - nun, da die Experten glaubten, „dass die schlimmsten Tage der Pandemie hinter uns liegen“. Konkrete Daten nannte er aber nicht.

 

Spanien

Das besonders heftig von der Corona-Pandemie betroffene Spanien will mit einem Vier-Phasen-Plan voraussichtlich bis Ende Juni zu einer „neuen Normalität“ finden. Jede Phase werde zwei Wochen dauern, wobei nach und nach immer mehr Geschäfte, Lokale und Kirchen sowie später Fitnessstudios, Kinos, Theater und Hotels geöffnet werden sollen, sagte Ministerpräsident Pedro Sánchez am Dienstagabend nach einer mehrstündigen Kabinettssitzung. Die Kundenzahl darf aber zunächst nur bei 30 Prozent und später bei 50 Prozent der Kapazität liegen.

Nicht alle Regionen würden dabei mit der gleichen Geschwindigkeit zu einer „Deeskalation“ finden. So könnten etwa die kaum von dem Virus betroffenen Kanareninseln El Hierro, La Graciosa und La Gomera sowie die Baleareninsel Formentera die erste Phase überspringen und gleich in die zweite mit der Öffnung erster Geschäfte eintreten, sagte Sánchez. Insgesamt sei der Plan für einen Ausstieg aus der landesweiten Abriegelung auf sechs bis acht Wochen angelegt.

Reisen zwischen den verschiedenen Regionen seien in dieser Zeit aber weiter nicht erlaubt. Die Schulen bleiben zudem bis zum September geschlossen. Es soll aber ab der Phase 2 Ausnahmen geben, etwa für Einrichtungen für Kinder unter sechs Jahren, deren Eltern berufstätig sind. Über die konkrete Ausgestaltung der Lockerungen will Sánchez ab Mittwoch mit einem technischen Komitee beraten.

In Spanien darf man seit Mitte März nur noch in Ausnahmefällen und allein aus dem Haus. Eine erste Lockerung gab es bereits am Sonntag: Seither dürfen Kinder bis 14 Jahren wieder eingeschränkt raus.

Zuletzt wurden den fünften Tag in Folge mehr Genesene als Neuinfektionen verzeichnet. Die Zahl der innerhalb von 24 Stunden registrierten Todesfälle in Zusammenhang mit Covid-19 belief sich am Dienstag auf 301. Die Gesamtzahl lag bei mehr als 23 800.

Frankreich

In Frankreich stellte Premierminister Édouard Philippe am Dienstag den Plan für die schrittweise Lockerung der strengen Corona-Maßnahmen vor, die seit dem 17. März gelten. Die Nationalversammlung billigte ihn am Dienstagabend mehrheitlich. Das Motto: „Schützen, testen und isolieren“.

Vom 11. Mai an sollen die bisher obligatorischen Passierscheine wegfallen, wenn man das Haus verlässt. Die Geschäfte dürfen wieder öffnen. Viele Grundfreiheiten sind jedoch weiter eingeschränkt.

In öffentlichen Verkehrsmitteln das Tragen von Masken Pflicht. Für Geschäfte empfiehlt die Regierung Masken, Ladeninhaber können aber selbst eine Pflicht verhängen. Einkaufszentren dürfen nicht automatisch wieder aufmachen. Bars und Restaurants bleiben weiterhin geschlossen. Wann diese wieder öffnen, soll erst Ende Mai entschieden werden. Auch Parks dürfen nur unter bestimmten Bedingungen wieder öffnen. Strände bleiben noch bis mindestens 1. Juni zu.

Krippen, Kindergärten und Grundschulen sollen vom 11. Mai an schrittweise geöffnet werden, auf freiwilliger Basis. Die Sekundarstufe könnte folgen. Über die Rückkehr der obersten Klassen soll Anfang Juni entschieden werden.

Versammlungen müssen vermieden werden. Vom 11. Mai an sind sie auf zehn Personen beschränkt. Vor September sollen keine Veranstaltungen mit mehr als 5000 Teilnehmern stattfinden.

Bis zum 11. Mai sollen pro Woche 700 000 Corona-Tests gemacht werden. Wer positiv ist, soll sofort isoliert werden. Die parlamentarische Debatte über eine umstrittene Corona-Warn-App wurde aber zunächst vertagt. Frankreich zählt nach offiziellen Angaben vom Dienstagabend 23 660 Tote, 367 mehr als einen Tag zuvor.

USA

Die USA haben nach Darstellung von Präsident Donald Trump das Gröbste der Corona-Krise überstanden. Er kündigte an, die Test-Kapazitäten in den kommenden Tagen dramatisch auszuweiten. Die Regierung geht davon aus, dass genug Tests vorhanden sind, damit Bundesstaaten in die erste Phase der Lockerung der Schutzmaßnahmen eintreten könnten. Die Bundesstaaten sind derzeit unterschiedlich stark von der Pandemie betroffen. Eine Ausweitung der Test-Kapazitäten im Land gilt als Voraussetzung für die Wiedereröffnung der Wirtschaft. Doch weiterhin mangelt es daran vielerorts, weswegen Trumps Regierung in der Kritik steht.

Die US-Wirtschaft befindet sich seit der Zuspitzung der Coronavirus-Pandemie im März im freien Fall. Experten warnen, dass den USA der stärkste Wirtschaftseinbruch seit fast 100 Jahren bevorsteht. Schon jetzt haben mehr als 26 Millionen Menschen ihren Job infolge der Pandemie verloren. Zahllose Geschäfte, Restaurants und Fabriken bleiben wegen der von den Bundesstaaten verhängten Ausgangsbeschränkungen leer.