Diesen Auftritt hätte Cristina sich gerne erspart: Die Tochter des spanischen Königs Juan Carlos muss sich von einem Ermittlungsrichter vernehmen lassen. Der 48-Jährigen werden Steuerbetrug und Geldwäsche zur Last gelegt.

Diesen Auftritt hätte Cristina sich gerne erspart: Die Tochter des spanischen Königs Juan Carlos muss sich von einem Ermittlungsrichter vernehmen lassen. Der 48-Jährigen werden Steuerbetrug und Geldwäsche zur Last gelegt.

 

Madrid - Behält die spanische Königstochter die Nerven? Die 48-jährige Infantin Cristina muss sich an diesem Samstag als Beschuldigte den bohrenden Fragen des Ermittlungsrichters José Castro stellen. Draußen vor dem Gerichtsgebäude in Palma de Mallorca werden Hunderte Menschen gegen die Korruption und gegen die Monarchie demonstrieren.

Auf eine solche Situation ist die Königstochter in ihrer Ausbildung von niemandem vorbereitet worden. Es ist das erste Mal in der Geschichte der spanischen Monarchie, dass ein unmittelbarer Nachkomme des Königs sich einem solchen Verhör stellen muss. Der Richter will von der Infantin erfahren, inwieweit sie in den Finanzskandal um ihren Ehemann Iñaki Urdangarin (46) verwickelt war. Der frühere Handballstar steht im Verdacht, als Präsident einer gemeinnützigen Stiftung mehr als fünf Millionen Euro staatlicher Mittel in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben.

Anwälte kämpften lange gegen Vorladung

Die zweitälteste Tochter von König Juan Carlos und Königin Sofía, Nummer sieben der Thronfolge, hatte bisher alles daran gesetzt, sich das peinliche Verhör zu ersparen. Ihre Anwälte fochten eine erste Vorladung im vorigen Jahr an und hatten damit vor dem Landgericht in Palma de Mallorca Erfolg. Aber der Ermittler Castro ließ nicht locker, erklärte die Königstochter ein zweites Mal zu einer Beschuldigten und lud sie erneut vor.

Cristina schlug nun eine neue Strategie ein und legte keinen Einspruch ein. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass ihre bisherige Strategie einen entscheidenden Nachteil hatte: In der Bevölkerung entstand der Eindruck, die Infantin wolle nicht mit der Justiz kooperieren. Es kamen Zweifel auf, ob vor dem Gesetz wirklich alle Spanier gleich sind, wie der König dies in seiner Weihnachtsansprache 2011 feierlich erklärt hatte.

Der Ruf der Königsfamilie leidet

Je mehr das Verfahren sich in die Länge zog, desto stärker nagte es am Ruf der Monarchie. Das Königshaus will nun, dass die Ermittlungen rasch abgeschlossen werden. „Wir hoffen, dass das Martyrium möglichst bald zu Ende geht“, heißt es aus Palastkreisen. Cristina war mit ihrem Mann zu jeweils 50 Prozent an einer Firma namens Aizoon beteiligt. Dieses Unternehmen soll zu einem Netz von Scheinfirmen gehört haben, das Urdangarin nach Ansicht der Ermittler aufgebaut haben soll, um das unterschlagene Geld nutzen zu können.

Die Königstochter soll Urlaubsreisen und private Anschaffungen mit der Kreditkarte der Firma bezahlt haben. Der Ermittler sieht darin eine Form von Geldwäsche. Zudem hält Castro der 48-Jährigen einen doppelten Steuerbetrug vor: Zum einen soll die Infantin mit den privaten Ausgaben die Firmengewinne geschmälert und somit die Körperschaftssteuern gedrückt haben. Zum andern soll sie diese Gelder nicht in ihrer Einkommenssteuer deklariert haben.

Richter Castro steht ziemlich allein da

Der Richter steht mit seinen Vorwürfen jedoch ziemlich allein da. Weder das Finanzamt - als der angeblich Geschädigte - noch die Staatsanwaltschaft unterstützen seine Vorhaltungen. Staatsanwalt Pedro Horrach warf ihm gar vor, „konspirative Theorien“ zu verfolgen. Castro weiß, dass er unter genauer Beobachtung steht und sich keinen Fehler erlauben darf. Um seinen Verdacht gegen die Königstochter zu begründen, hatte er sich zu Weihnachten zurückgezogen und eine 227 Seiten dicke Schrift aufgesetzt. Dies gilt als eine Premiere in der spanischen Justiz, denn Vorladungen sind keine Anklageschriften und keine Urteile. Sie umfassen normalerweise nur ein paar Seiten.

Der Ermittler hatte Cristinas Mann zweimal vernommen und ihm Hunderte von Fragen gestellt. Urdangarin konnte Castro nicht von seiner Unschuld überzeugen. Es gilt als wahrscheinlich, dass ihm der Prozess gemacht wird. Cristina will unbedingt vermeiden, dass gegen sie Anklage erhoben wird. Sie dürfte ihre Verteidigung auf zwei Punkte stützen: Die Infantin wird nach Medienberichten vorbringen, dass sie sich nicht um die Geschäfte gekümmert und ihrem Mann vertraut habe. Zudem dürfte sie argumentieren, das ihr zur Last gelegte Steuervergehen liege unter der Grenze von 120.000 Euro und sei strafrechtlich daher nicht relevant.

Wie immer das Verhör ausgeht: Der Ruf der Königstochter in der Öffentlichkeit ist ziemlich ruiniert. Zudem trug der Skandal maßgeblich dazu bei, dass die Popularität der spanischen Monarchie sank. In der Presse wurde die Forderung erhoben, Cristina solle auf ihre Thronrechte verzichten. Dazu wird in Palastkreisen betont, ein solcher Verzicht sei gar nicht möglich, weil er in der Verfassung nicht vorgesehen sei.