Weil es kein Elektromotorrad nach seinem Geschmack gab, entwarf der Stuttgarter Manuel Meßmer kurzerhand selbst eins. Mittels einer Crowdfunding-Kampagne soll der preisgekrönte Prototyp schon bald in Serie gehen.

S-West -

 

Elektrofahrräder kennt der Stuttgart-Westler schon länger. Der Fahrradfahrer identifiziert sie meist daran, dass ihre Fahrer die steilen Straßen auf ihnen ohne erkennbare Mühe hinaufsausen und den eigenen Drahtesel schnell hinter sich zurücklassen. Manuel Meßmer hat das nicht gereicht. Der 39-jährige Produktdesigner ist in Villingen im Schwarzwald aufgewachsen, das Tor zur Freiheit war als Teenager da natürlich der Mopedführerschein. Inzwischen hat er die Tannen gegen den Talkessel getauscht; die Leidenschaft am Zweirad hat er sich bewahrt. „Vor einigen Jahren wollte ich mir ein Elektromotorrad kaufen“, erzählt er, „fand aber keines, das mir zusagte. Wenn, dann gab es Roller oder Bikes in Pseudo-Retro-Optik.“

Wo andere resignieren oder einfach abwarten, bis das Objekt der Begierde entwickelt wird, entwarf Meßmer einfach selbst eins. Mit einigen anderen Kreativen, Tüftlern und Selbstständigen beheimatet im Gebäude der ehemaligen Renz Bilderrahmen GmbH an der Rotebühlstraße, begann er vor fünf Jahren mit der Planung an seinen ganz eigenen Elektromotorrad. Mittlerweile hat er sechs Prototypen realisiert, mit einem davon auch den German Design Award 2018 gewonnen.

Bewusst kein Retro-Look

„Ich wollte bewusst keinen Retro-Look sondern ein zeitgemäßes Design“, erzählt er, als er, vorbei an Zeichentischen, durch eine größere Halle führt. Da steht es, sein besonderes Baby der Marke Sol Motors. Schwarz, auffällig, sieht ein wenig so aus wie aus einem futuristischen Film.

Die komplette Elektronik sitzt in dem auffälligen Rohr, das das als „Pocket Rocket“ bezeichnete Gefährt durchaus an eine Rakete erinnern lässt. Das V, wo sich sonst der Motor befindet, bleibt bewusst leer. Pedale gibt es nicht, weswegen man diese Fahrzeuge auch Nopeds nennt. Die Batterie ist in 90 Minuten voll aufgeladen und reicht dann zwischen 60 und 80 Kilometer weit – je nach Fahrmodus. Mit seinen 55 Kilogramm ist das Elektromotorrad außerdem sehr leicht, kommt je nach Ausführung auf 50 oder 80 Stundenkilometer. Perfekt für den Stadtverkehr und die Peripherie. „Für mich ergibt ein Zweirad in der Stadt einfach Sinn“, nickt Meßmer. „Wenn alle plötzlich Tesla fahren, stehen wir immer noch im Stau.“

Die „Pocket Rocket“ ist nicht seine erste Auseinandersetzung mit der Zukunft der Mobilität. „Nach meinem Industriedesign-Studium an der Kunstakademie arbeitete ich eine Zeitlang als Dozent und habe da mit Vorliebe Mobilitätsprojekte durchgeführt“, verrät er. „Das war immer schon mein Ding – und das hier ist nur der Anfang.“ Allerdings ein Anfang, der in Serie gehen soll. Und dafür braucht es vieles, aber vor allem eines: Geld.

Allein der erste Prototyp verschlang satte 25 000 Euro, ein Zuschuss des Landes halbierte diese Kosten immerhin um die Hälfte. Jetzt soll eine Crowdfunding-Kampagne dabei helfen, den Prototyp in Serie zu produzieren und das Elektromotorrad auf deutschen Straßen zuzulassen. „Mit dem Crowdfunding wollen wir die ersten 100 Stück herstellen und deren Zulassung finanzieren“, sagt Meßmer. „Um Geldverdienen geht es da noch nicht. Eher darum, Fahrzeuge auf die Straße zu bringen und Erfahrungswerte zu generieren.“ 5200 Euro soll die 50er-Maschine kosten, 6500 die 80er.

Viele Interessenten

Langfristig will und muss Meßmer personell aufstocken und nach Möglichkeit Partner an Land ziehen. Interessenten gibt es viele, Möglichkeiten auch. „Wer 500 Euro Anzahlung leistet, kommt auf die Warteliste für die erste Auflage“, erklärt er. „Die ersten 100 Pocket Rockets sind handnummeriert, signiert und mit speziellem Werkstattservice, um den wir uns persönlich kümmern“, versichert er. Ehrensache: Nach tausenden investierten Arbeitsstunden neben seinem alles andere als entspannten Berufsalltag soll aus diesem Traum endlich eine Realität auf den Straßen werden. Und eine saubere noch dazu.