Culcha Candela geben im Wizemann die Gute-Laune-Bären des deutschen HipHop – ein, zwei schräge Ideen inklusive.

Stuttgart - Für eine zünftige Party findet sich bekanntlich immer ein guter Grund. Die allerbesten sind aber solche, die ohne ein besonderes Motiv entstehen. Nach diesem Prinzip funktionieren auch Konzerte von Culcha Candela.

 

2002 gestartet, hat sich diese Berliner Truppe zu einem Gute-Laune-Ensemble erster Güte empor gespielt, das die Party als Programm propagiert: Wer braucht schon einen speziellen Anlass, um zu feiern. Und doch steht am Sonntagabend keine reine Spaß-Kapelle auf der Bühne des ausverkauften Wizemann. Denn das Berliner Hip-Hop-Dancehall-Weltmusik-Kollektiv engagiert sich auch gegen Kinderarbeit, Rassismus und Rechtsradikalismus, hat sogar ein eigenes Afrika-Hilfsprojekt auf die Beine gestellt und steht für Weltoffenheit und kulturelle Vielfalt – bei Culcha Candela musizieren Mitglieder, deren Wurzeln in Deutschland, Polen, Uganda, Kolumbien und Südkorea liegen. Um all das macht das Quartett aber erfreulich wenig Wirbel und trägt seine etwas schlichten, aber deswegen nicht verkehrten Weltverbesserungsthesen angenehm en passant vor.

Culcha Candela trifft Lebensgefühl der Fans

Gut so, denn im ausverkauften Wizemann lauert eine zwar ähnlich disponierte, aber zugleich explizit feierwütige Meute auf ihre Helden. Doch die wissen recht genau, was sie ihren eintausenddreihundert Fans schuldig sind. Von Anfang an stehen die Zeichen auf eine HipHop-Sause ohne Wenn und Aber: Oben auf der Bühne rappen und tanzen Mateo „Itychban“ Jasik, Don Cali und John Lwanga alias Johnny Strange, was das Zeug hält – unten im Saal jumpt, bounct und wedelt das Publikum, was Armen und Beine hergeben. Auf dem Programm: das „Besteste“ aus gut fünfzehn Karrierejahren rund um ewige Pubertätshymnen wie „Wildes Ding“, „Berlin City Girl“, „Monsta“ oder „Hamma“.

Obwohl altersmäßig inzwischen ein gutes Stück von ihrer Zielgruppe entfernt, treffen Culcha Candela das Lebensgefühl ihrer Kundschaft übrigens unverändert gut: Neben Fans der ersten Stunde ist auch die nachwachsende Instagram-Generation zwischen Teen und Twen zahlreich vertreten. Dass die Musik neunzig Minuten lang konsequent aus der Steckdose kommt – DJ Chino con Estilo holt sämtliche Grooves und Instrumentalsounds von den Festplatten diverser Laptops und Computer – schert hier niemanden: Wer erwartet bei einem HipHop-Konzert schon richtige Instrumente? Deutlich bizarrer wirkt indes die ein oder andere weitere Idee, mit der Culcha Candela im Wizemann aufwarten.

Konzerte in Zeiten von Corona

Über eine Legalisierung von Marihuana lässt sich sicherlich diskutieren; dafür gibt es ein paar einleuchtende Argumente, allerdings auch das ein oder andere dagegen. Das Publikum hingegen aufzufordern, sämtliche Besucher um sich herum zwecks zwischenmenschlicher Kontaktaufnahme freudig abzuklatschen, darf man in Zeiten von Corona tatsächlich als nicht gerade schlau empfinden. „Itychban“ Jasik kassiert seinen Einfall denn auch flugs wieder und bittet, das ganze in eine fiktive Luftnummer umzuwandeln – gerade noch mal gut gegangen.