In der Diskussion um den Klimawandel stellt sich in den Städten die Frage, was der Umwelt helfen kann. Dachbegrünung und Fotovoltaikanlagen sind zwei Möglichkeiten. Aber was ist besser? Und lässt sich beides kombinieren?

Manteldesk: Sandra Hintermayr (shi)

Filder - Beides bringt Vorteile. Dachbegrünungen halten Regenwasser zurück und reduzieren das Aufheizen. Fotovoltaikanlagen wiederum leisten einen Beitrag zur regenerativen Energieerzeugung. Beide Maßnahmen haben positive Auswirkungen auf Klima und Umwelt. Und beide werden auf Dächern, vor allem im Bereich Gewerbe und städtische Bauwerke, in Stuttgart, Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt gefördert und gefordert. In vielen Gebieten ist die Einrichtung von Fotovoltaikanlagen und/oder Dachbegrünung in den Bebauungsplänen festgelegt.

 

Aber was ist besser für die Umwelt? Darauf gibt es aus allen drei Städten keine eindeutige Aussage. „Das gegeneinander auszuspielen, ist ungeschickt“, sagt Sabine Schwiete, eine der beiden Leiterinnen des Umweltreferats Filderstadt. Vielmehr sei eine Kombination sinnvoll. Das befürwortet auch Peter Friedrich, Betriebsleiter der Stadtwerke Leinfelden-Echterdingen, wo immer es möglich sei. Auf dem Neubau der Stadtwerke-Zentrale, die 2020 eingeweiht wurde, sei beides vorhanden. Auch aus Stuttgart heißt es: Beide Nutzungen ergänzen sich gut für die Verbesserung des Klimas und zur nachhaltigen Energiegewinnung.

Kombination von beiden Nutzungen wird unterstützt

In den vergangenen Jahren habe die Stadt Stuttgart bei Neubauten eine Kombinationen von Dachbegrünung und Fotovoltaikanlagen unterstützt, sagt Sprecherin Nora Lenz-Gaspary nach Rücksprache mit dem Referat für Städtebau, Wohnen und Umwelt. „Dadurch werden sowohl die bauphysikalischen, hydrologischen, klimatischen und biologischen Vorteile einer Dachbegrünung als auch die nachhaltige und klimaschonende Energiegewinnung durch Fotovoltaik ermöglicht.“

Auch bei den beiden Neubauprojekten von Daimler und Allianz im Synergiepark Vaihingen/Möhringen seien sowohl Dachbegrünungen als auch Fotovoltaikanlagen geplant. Ziel der Landeshauptstadt sei es, wo immer möglich, Fotovoltaik und Dachbegrünung zu ermöglichen, ob auf Wohnhäusern oder gewerblichen Gebäuden. Zwar gebe es im Synergiepark beide Formen der Dachnutzung, aber die Stadt sehe dort noch Potenzial für den weiteren Ausbau von beidem.

Dächer müssen hohe Traglast aufweisen

In Leinfelden-Echterdingen gebe es einen stetigen Zuwachs an Fotovoltaikanlagen und Begrünung auf den Dächern sowohl in Gewerbegebieten als auch auf den stadteigenen Gebäuden, sagt Peter Friedrich. Klar sei, dass Gebäude für beide Nutzungen eine hohe Traglast der Dächer aufweisen müssen. Denn die Fotovoltaikmodule sind schwer, und Grün wiege ebenfalls viel – „vor allem, wenn es nass ist, insbesondere bei Schnee“, sagt der Betriebsleiter der Stadtwerke. Bei Neubauten werde die hohe Traglast gleich berücksichtigt. Und wie in Stuttgart schrieben Bebauungspläne oftmals die Einrichtung von Fotovoltaikanlagen und/oder Dachbegrünung vor. Bei Sanierungen werde ebenfalls geschaut, ob sich die Dachnutzung nicht ausbauen lasse, sagt Friedrich und nennt als Beispiel die städtischen Schulen. „Wenn hier saniert wird, baut man gleich eine Fotovoltaikanlage aufs Dach“, sagt Friedrich.

Die gemeinsame Umsetzung von Grün und Solaranlage sei nicht immer ganz einfach. „Die Begrünung kann Fotovoltaikanlagen verschatten, wenn sie zu hoch wächst. Das beeinträchtigt dann die Leistung der Anlagen“, sagt Peter Friedrich. Wichtig sei deswegen die Pflege des Dachgrüns. Und Solarmodule „auf Stelzen“ verhindern das Zuwachsen. Das bestätigt Simone Schwiete vom Filderstädter Umweltreferat. „Die sehen dann ähnlich aus wie die Anlagen auf Freiflächen, wie man sie zum Beispiel von Gegenden neben Autobahnen kennt.“

So ist beides auf einem Dach möglich

In Stuttgart gilt seit 2019 bei neuen Bebauungsplänen eine Kombinationslösung für Dachbegrünung und Fotovoltaik, „wobei zur dauerhaften Funktionsfähigkeit der Dachbegrünung schräg aufgeständerte Fotovoltaik-Module in Bebauungsplänen festsetzt werden. So ist beides möglich: Fotovoltaik und Dachbegrünung“, sagt Lenz-Gaspary. Schwiete nennt noch einen Vorteil von Dachbegrünung für die Fotovoltaikanlagen: „Das Grün kann durch die Verdunstungskälte die Module kühlen und damit deren Leistung steigern.“ In Filderstadt sei bereits ein Drittel der städtischen Gebäude begrünt, und auch die Zahl der Fotovoltaikanlagen steige. „Aber wir wollen das weiter ausbauen“, sagt Sabine Schwiete. „Das Potenzial ist noch nicht erschöpft.“

Nach dem novellierten Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg (KSG BW) gilt von Januar 2022 an eine Fotovoltaik-Pflicht für Nichtwohngebäude und für große Parkplätze mit mehr als 75 Stellplätzen. „Dies ist dann verpflichtend für alle gewerblichen Neubauten, unabhängig von einem Bebauungsplan“, sagt Nora Lenz-Gaspary, Sprecherin der Stadt Stuttgart. Viele Kommunen bieten Förderungen an. In Stuttgart wird zur Förderung des Ausbaus der Fotovoltaiknutzung für die Jahre 2020 bis 2023 eine Fördersumme in Höhe von insgesamt 15,875 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, die nach „Richtlinien der Landeshauptstadt Stuttgart zur Förderung des Ausbaus der Fotovoltaiknutzung (Solaroffensive)“ vergeben werden. Hiervon können auch gewerbliche Gebäudeeigentümer Gebrauch machen, teilt die Stadtsprecherin mit.