Die beiden Erzrivalen BMW und Daimler wollen offenbar in größerem Stil eine Entwicklungskooperation starten. Das soll helfen, Kosten zu sparen – die Rede ist von bis zu sieben Milliarden Euro.

München/Stuttgart - BMW und Daimler waren beim Bau von Premiumautos einmal die Erzrivalen schlechthin. In den vergangenen Wochen kam es dann aber zum doppelten Schulterschluss: bei Mobilitätsdiensten und autonom fahrenden Autos. Das Murren von Mitarbeitern über diese Entwicklung nimmt bei beiden Autobauern zwischenzeitlich zu. Die Zusammenarbeit könnte aber künftig noch enger werden. Bereits Teil drei der Kooperation zwischen München und Stuttgart könnte es in sich haben. Denn es geht um die Entwicklung gemeinsamer Fahrzeugarchitekturen in Form zweier Baukästen vorzugsweise für Elektroautos, die mehr oder weniger die gesamten Produktpaletten abdecken könnten. Das hat die „Süddeutsche Zeitung“ erfahren.

 

Autobauer äußern sich nicht zu den Gerüchten

BMW und Daimler enthalten sich jedes Kommentars. „Wo hohe Skalierbarkeit wichtiger ist als Exklusivität, bauen wir auf Kooperation mit starken Partnern“, räumt BMW-Chef Harald Krüger allerdings ein. Ganz Neu sind die Gerüchte über ein noch engeres Zusammenrücken der beiden Premiumhersteller nicht. Bislang war hinter vorgehaltener Hand von der gemeinsamen Entwicklung kleinerer Elektroautos die Rede. Die jetzt skizzierten Pläne sind weitreichender. Von sieben Milliarden Euro Einsparpotenzial ist die Rede.

„Das ist nicht aus der Luft gegriffen“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Er hält die bayerisch-schwäbischen Planspiele für sehr realistisch. „Ich denke, dass die das machen“, schätzt der Branchenkenner mit Blick auf Sparzwänge in der gesamten Autoindustrie. Ähnlich sieht es Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB. Strategisch seien solche Pläne sehr sinnvoll angesichts neuer Konkurrenten wie Tesla, Uber oder Google und kartellrechtlich unproblematisch, sagen beide. Im globalen Maßstab würden BMW und Daimler zusammen nur vier Millionen von 85 Millionen Autos branchenweit bauen.

Experten haben keine Bedenken

„Ich glaube, dass sehr ernst verhandelt wird“, sagt Frank Schwope, der sein Ohr nahe an der Branche hat. Er hat auch keine Bedenken, dass sich nach gemeinsamer Entwicklung die jeweiligen BMW- und Mercedes-Modelle nicht mehr hinreichend voneinander unterscheiden lassen. VW mache schließlich vor, wie auf einer Plattform entwickelte Autos in Form verschiedener Marken von Audi bis Skoda ihre Käufer finden.

Im Kreis der beiden Premiumpartner in spe ist man vorsichtig bis zurückhaltend. Eine derart enge Kooperation müsse am Ende markendifferenzierend bleiben, heißt es aus ihrem Kreis. Dazu müsse die Staffelung für Modellanläufe mit den bestehenden Modellgenerationen synchronisiert werden, was ein größeres Problem sein könnte. Damit ist gemeint, dass BMW und Mercedes ihre jeweiligen Konkurrenzmodelle bislang in der Regel nicht zeitgleich auf den Markt bringen, um den jeweiligen Absatz zu optimieren. Bei völliger Parallelentwicklung wäre das nicht mehr möglich. Andererseits sind die Hauptkonkurrenten der Zukunft wohl nicht mehr andere Autobauer sondern Internetkonzerne und Mobilitätsdienstleister vor allem aus den USA und China.

Daimler gilt als treibende Kraft hinter den Gesprächen

Als treibende Kraft hinter den Gesprächen zu einer breiten Entwicklungskooperation gilt Daimler. „Stuttgart schiebt“, heißt es in Branchenkreisen. Für Mercedes verhandelt dem Vernehmen nach Entwicklungsvorstand Ola Källenius, der als neuer Daimler-Chef in den Startlöchern steht und für BMW der dort ebenfalls für Entwicklung verantwortliche Klaus Fröhlich. Angedacht sind zwei skalierbare Baukästen mit den Kürzeln MX1 und MX2. Ersteres steht für kleine bis mittlere Modelle und ist offenbar schon weiter gediehen, Letzteres für mittlere bis große Wagen.

Das klingt sehr nach der VW-Strategie mit den Baukästen MEB (klein) und PPE (groß). Auch im VW-Konzern stehen die Zeichen im großen Stil auf Synergien heben. Auf Stolz und Befindlichkeiten einzelner Marken wie Audi wird dabei wenig Rücksicht genommen. Aber immerhin ist es ein konzerninternes Zusammenrücken. Zwischen BMW und Mercedes liegt mehr als Autobahn A8 auch in Zeiten von Partnerschaften bei Roboterautos und Mobilitätsdiensten.

Geplante Kooperation kann auch noch platzen

Die Kooperation könne „schnell an Befindlichkeiten platzen“, warnt der NordLB-Experte Schwope. Er meint damit interne Widerstände hochrangiger und an entscheidender Stelle sitzender Experten bei BMW und Mercedes, die ein klares Bild ihres Hauptrivalen haben. Für Dudenhöffer ist auch das kein unüberwindliches Hindernis. Er verweist auf ähnliche Kulturen in Stuttgart und München. „Man respektiert sich“, sagt er. Ob das am Ende so weit geht, dass Mercedes und BMW im großen Stil gemeinsame Sache machen bei der Entwicklung ganzer Baukästen für Fahrzeuggenerationen, die ab etwa 2030 auf die Straße kommen könnten, muss sich aber erst noch zeigen.