Daimler will in China hinter den deutschen Premiummarken Audi und BMW nicht mehr länger die zweite Geige spielen. Der China-Vorstand Hubertus Troska hat der StZ erläutert, wie das Unternehmen dort schneller wachsen will als die Konkurrenz.

Stuttgart - Noch liegt Mercedes-Benz in China hinter Audi und BMW. Nachdem die Fehler der Vergangenheit korrigiert wurden, haben die Stuttgarter unter Führung von China-Vorstand Hubertus Troska eine Aufholjagd gestartet, die erste Erfolge gebracht hat.

 
Herr Troska, Sie sind seit zwei Jahren China-Vorstand von Daimler. Wie gut ist Ihr Chinesisch heute?
Einige Worte und Sätze kann ich sagen, aber ansonsten ist Mandarin sicher eine noch größere Herausforderung, als Spanisch oder Türkisch zu lernen, was Teil meiner bisherigen Auslandseinsätze war.
Für einen intensiven Sprachunterricht hätten Sie wohl auch keine Zeit gehabt. Sie traten als Sanierer an, weil zuvor einiges schiefgelaufen war. Unter anderem gab es dort zwei Vertriebsorganisationen, die immer wieder auch gegeneinander gearbeitet haben. Wie sieht es heute aus?
Bei den Themen, die wir zur Stärkung des China-Geschäfts angepackt haben, sind wir gut unterwegs. Seit März letzten Jahres haben wir eine gemeinsame Vertriebsorganisation. Das läuft heute sehr gut. Zweitens weiten wir das Händlernetz deutlich aus und verbessern auch die Servicequalität. Allein dieses Jahr nehmen wir 100 neue Händler ans Netz, zudem haben wir im Juli das weltweit größte Trainingscenter für Mercedes-Pkw-Verkäufer und Servicemitarbeiter in Shanghai eröffnet. Drittens kommen unsere Produkte gut an, wie etwa die speziell auf chinesische Kunden zugeschnittene neue C-Klasse mit verlängertem Radstand. Viertens weiten wir die lokale Produktion und auch die Forschung und Entwicklung hier massiv aus.
Mercedes hat in diesem Jahr in China kräftig zugelegt. Doch das Wirtschaftswachstum wird schwächer. Der chinesische Branchenverband rechnet damit, dass dies auch den Autoabsatz bremsen wird.
In diesem Jahr hat Mercedes den Absatz bis Oktober um etwa 30 Prozent ausweiten können und auch im nächsten Jahr werden wir zweistellig zulegen. Dann wird die neue C-Klasse hier voll verfügbar sein. Zudem produzieren wir dann auch zusätzlich den kompakten Geländewagen GLA in Peking. Kompakte Geländewagen sind ein extrem wichtiges Segment in China. Deshalb haben wir sehr große Erwartungen an dieses Fahrzeug, es wird im nächsten Jahr einer unserer Wachstumstreiber sein. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir 2015 deutlich mehr als 300 000 Mercedes-Fahrzeuge in China verkaufen können.
Mercedes hat in diesem Jahr prozentual beim Absatz mehr Gas gegeben als die Erzrivalen Audi und BMW. Doch die beiden Wettbewerber haben in absoluten Zahlen immer noch einen großen Vorsprung. Wann setzen sie zum Überholen an?
Mercedes-Benz wird bis 2020 zum weltweit führenden Premiumhersteller aufsteigen. Dieses Ziel gilt weiterhin und China wird dabei eine sehr wichtige Rolle spielen. Deshalb müssen, wollen und werden wir weiter stärker wachsen als unsere deutschen Wettbewerber.
Auch beim Vertriebsnetz hat Mercedes-Benz noch einen deutlichen Rückstand im Vergleich mit Audi und BMW.
Es stimmt, dass wir noch einen gewissen Nachholbedarf hatten. Allein in diesem Jahr haben wir jedoch zwei Händler pro Woche eröffnet und es sind 40 Städte neu hinzugekommen. Bis Ende 2014 werden wir etwa 440 Händlerstützpunkte in mehr als 200 Städten haben. Und bis Ende nächsten Jahres werden wir die Lücke zu unseren beiden Wettbewerbern weitgehend geschlossen haben. Übrigens: es gibt schon heute einige Städte, in denen Mercedes vertreten ist, aber unsere Wettbewerber nicht.
Daimler hat angekündigt, dass zusätzlich zum Geländewagen GLA weitere Modelle aus der Kompaktfamilie von Mercedes-Benz in Peking vom Band laufen sollen. Werden dort also bald auch die A- und B-Klasse sowie der CLA produziert?
Konkrete Modelle sind noch nicht kommuniziert. Wir haben viele Ideen, beschäftigen uns sehr intensiv damit und werden bald mehr dazu sagen können. Klar ist: das Marktsegment der kompakten Premiumfahrzeuge wird in den kommenden Jahren am stärksten wachsen. Bereits heute wird weltweit jedes fünfte kompakte Premiumfahrzeug in China verkauft, weil sich immer mehr Chinesen so den Einstieg in eine Premiummarke leisten können.