Immer mehr Berufstätige im Land erscheinen müde an ihrem Arbeitsplatz. 80 Prozent schlafen schlecht, das hat eine Studie der DAK-Gesundheit ergeben. Aber was sind die Ursachen?

Stuttgart - Die Berufstätigen im Südwesten sollten sich weniger um ihre Smartphones als um sich selbst kümmern. Zu diesem Schluss kommt Siegfried Euerle, der Leiter der Landesvertretung der DAK-Gesundheit Baden-Württemberg, bei einer Präsentation des aktuellen Gesundheitsreports der Krankenkasse. Jeder sei besorgt, dass der Handyakku geladen sei. Viele könnten aber ihre eigenen Batterien nicht mehr aufladen. Denn fast 80 Prozent der Berufstätigen im Land kämpfen mittlerweile mit Schlafproblemen.

 

Das ist das Ergebnis einer DAK-Befragung vom Oktober 2016 unter 1005 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 65 Jahren in Baden-Württemberg. Noch 2009 hatte nicht einmal jeder zweite Berufstätige im Land (47,7 Prozent) über Schlafprobleme geklagt. Doch aktuell schläft nur noch jeder fünfte Arbeitnehmer rundum gut. 2009 hatten noch 52,3 Prozent angegeben, sie hätten „gar nicht“ mit Ein- oder Durchschlafproblemen zu kämpfen.

Schlafstörungen machen krank

Damit ist der Anteil derer, die nachts nicht richtig zur Ruhe kommen, in diesem Zeitraum um 66 Prozent gestiegen. Dieser Anstieg „sollte uns wach rütteln“, sagte Euerle. „Schlafstörungen erhöhen das Risiko für Depressionen und Angststörungen. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit dem starken Anstieg der Krankmeldungen bei den psychischen Erkrankungen in den letzten Jahren.“ Wegen Schlafstörungen verzeichnete man 2016 je 100 Versicherte 3,65 Fehltage am Arbeitsplatz, doppelt so viel wie 2010.

Jeder elfte Arbeitnehmer (9,1 Prozent) leidet mittlerweile unter Insomnie. Diese schwere Schlafstörung betrifft Menschen, die mindestens dreimal pro Woche Schwierigkeiten beim Ein- oder Durchschlafen haben, dann schlecht schlafen und sich tagsüber müde fühlen. Damit hat sich der Anteil der Insomnie-Kranken in Baden-Württemberg seit 2010 nach Angaben der DAK verdoppelt. Der Studie zufolge sind Arbeiter, die einfachen Tätigkeiten nachgehen, eher von einer Insomnie betroffen als Angestellte oder Beamte.

Kaum ein Betroffener geht zum Arzt

Die wenigsten nehmen indes professionelle Hilfe in Anspruch. Selbst von denjenigen, die unter Insomnie leiden, gehen nur 30 Prozent zum Arzt. 94,4 Prozent der baden-württembergischen Erwerbstätigen, die unter Schlafschwierigkeiten leiden, versuchen ihr Problem alleine in den Griff zu bekommen – oder doktern selbst daran herum. Laut der Krankenkasse hat der Anteil der Arbeitnehmer, die Schlafmittel nehmen, seit 2010 um mehr als 50 Prozent auf 9,4 Prozent zugenommen.

„Die Gesellschaft drängt das Thema Schlaf in eine Nebenrolle“, kritisierte Euerle. So kümmert sich mittlerweile jeder siebte Arbeitnehmer im Land auch nach Feierabend noch um berufliche Angelegenheiten, liest dienstliche Emails oder plant den nächsten Arbeitstag. „Wir müssen lernen, dass Schlaf für unser Leben ein entscheidender Faktor ist, um ausgeglichener, leistungsfähiger und gesünder zu sein.“

Die AOK kommt zu einem anderen Ergebnis

Die AOK Baden-Württemberg hat kürzlich ebenfalls eine repräsentative Studie zum Thema Schlaf vorgestellt. Das Forsa-Institut hatte im Auftrag der Krankenkasse 502 Menschen über 18 Jahren im Land telefonisch befragt. Die Auswahl bezog sich jedoch nicht allein auf berufstätige Menschen. Die Studie kam denn auch zu anderen Ergebnissen als die DAK, die die arbeitende Bevölkerung im Fokus hatte.

Laut der Forsa-Umfrage gaben 52 Prozent an, ab und zu Probleme beim Einschlafen zu haben. Vier Prozent hatten sehr häufig Schwierigkeiten, in den Schlaf zu finden; zehn Prozent immer noch häufig. Insgesamt aber bezeichneten 85 Prozent der Befragten ihren Schlaf als erholsam.