Auf dem Wasen ist bis 13. Oktober der Teufel los. Wir begleiten das Cannstatter Volksfest mit dem täglichen StZ-Geisterbahn-Gespräch: zum Auftakt spricht Pfarrer Manfred Mergel über Angst, Mundart und Gott auf dem Wasen.

Stuttgart - Bis zum 13. Oktober ist auf dem Volksfest wieder der Teufel los. Die StZ begleitet den Wasen mit dem täglichen Horror-Interview aus der Geisterschlange. Pfarrer Manfred Mergel über den Mundartgottesdienst, den er am Sonntag im Schwaben-Bräu-Zelt hält.
Herr Mergel, wann haben Sie sich zum letzten Mal so richtig gegruselt?
Das ist schon lange her. In meiner Kindheit bin ich das letzte Mal Geisterbahn gefahren. Ich bin ein ziemlicher Angsthase, was Geisterbahnen anbelangt.
Was macht Ihnen daran Angst?
Diese Überraschungsmomente, Gestalten oder lauten Schreie. Das ist für mich sehr ungewohnt.
Aber als Pfarrer, als Mann Gottes, kennt man da überhaupt Furcht und Angst?
Ich bin ja auch ein Mensch. Jeder Mensch kennt Ängste. Das gehört zum Leben. Es wäre schlimm, keine Ängste zu kennen. Angst ist auch ein wichtiger Ratgeber.
Was macht Ihnen Angst, wenn Sie an das bevorstehende Volksfest denken?
Die tausend Kleinigkeiten, an die ich denken muss, damit alles klappt. Das beginnt bei der Musik und endet damit, dass ich nichts vergesse und dass ich selber gut drauf bin am Sonntagmorgen.
Erschreckt es Sie, dass betrunkene Jugendliche und Diebstähle inzwischen Teil des Volksfests zu sein scheinen?
Ja, das kann einem Angst machen. Das sollte einen aber nicht von einem Besuch abhalten. Man muss sich vorbereiten und auf sich und seine Wertsachen aufpassen.
Das heißt, für Sie ist das Volksfest mehr als eine Maß im Bierzelt?
Auf jeden Fall. Ich denke an die Ursprünge des Volksfests, das als Erntedankfest gedacht war, als es 1818 zum ersten Mal stattfand. Das ist für mich sehr wichtig. Wenn ich auf dem Volksfest bin, freue ich mich immer, wenn ich an der Fruchtsäule vorbei komme. Sie erinnert mich an die Anfänge und den eigentlichen Sinn.
Man sagt, Gott ist überall. Gilt das also auch für den Wasen?
Ich bin felsenfest überzeugt, dass er überall ist und halte deshalb gerne Gottesdienste auf dem Wasen. Leider sehen viele Christen das anders. Se unterstützen mich nicht unbedingt, weil sie der Meinung sind,dass das Wort Gottes auf dem Volksfest nichts verloren hat. Ich denke, die Predigt hat auf dem Volksfest einen festen Platz. Es gehört für mich zur Tradition des Fests, Gott für all das Gute zu danken, das man im Leben empfängt.
Ist ein Gottesdienst eine Möglichkeit, auf diese Tradition aufmerksam zu machen?
Unbedingt. Er kann nachdenklich machen, das Volksfest mit anderen Augen zu sehen: Das Volksfest ein fröhliches Fest, und das ist gut so, der Alltag ist traurig genug. Aber ich möchte auch die andere Seite des Fests wieder ins Bewusstsein rücken.
Was ist am Sonntag anders als in der Kirche?
Anders ist im Grunde nur die Sprache und der Ort. I schwätz nämlich Schwäbisch. Den Reiz macht der besondere Ort aus, bei dem auch Zaungäste stehen bleiben und einmal vorsichtig hereinschauen.
Die Fragen stellte Annina Baur.
Termin: Der Gottesdienst mit Pfarrer Manfred Mergel beginnt am Sonntag, 29. September, um 10 Uhr im Schwaben-Bräu-Zelt.