In Abgrenzung zu den sogenannten Querdenkern will die Initiative #wirsind0711 ein positives Stuttgart-Bild vermitteln. Die Kampagne soll in der Stadt unübersehbar sein.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Nach der jüngsten Coronademonstration, die bundesweit ein negatives Echo gefunden hat, melden sich Teile der Stuttgarter Stadtgesellschaft zu Wort. Mit freundlicher Unterstützung des Stadtpalais und des städtischen Kulturamts wollen Bürgerinnen und Bürger ein Signal für ein rücksichtsvolles Stuttgart aussenden. „Die Querdenker sind einfach zu weit gegangen. Das kann so nicht stehen bleiben“, schrieb Torben Giese, Leiter des Stadtmuseums, unter dem Eindruck der Karsamstagsdemo mit 15 000 weit überwiegend unmaskierten Gegnern von Coronaschutzmaßnahmen.

 

Kurzfristig entstand die Idee für eine Imagekampagne, „die das weltoffene, tolerante und Rücksicht nehmende Stuttgart zeigt“. Dieses positive Stuttgart-Bild grenzt sich ab von dem Bild, das die sogenannten Querdenker bei ihren Versammlungen vermitteln. Deren Auftreten sei geprägt von Intoleranz und Rücksichtslosigkeit, finden Giese und viele andere. In schwer erträglicher Art und Weise bestimme die in Stuttgart gegründete Initiative Querdenken 711 zunehmend das Image der Landeshauptstadt Stuttgart, sagt der Chef des Stadtmuseums.

Die Initiative knüpft an einen offenen Brief an

Verstärkt wird der Eindruck von Stuttgart als Querdenker-Stadt dadurch, dass die von dem Unternehmer Michael Ballweg initiierte Bewegung die 0711-Vorwahl für ihre Zwecke benützt. Dagegen hatte sich bereits im November eine von Kulturschaffenden getragene Initiative „Wir sind Stuttgart“ gewandt. Sinnigerweise am 7. 11. veröffentlichte sie einen offenen Brief auf der Webseite des Künstlerkollektivs Kolchose.TV. Darin heißt es: „In den 1990er Jahren, der goldenen Ära der deutschen Hip-Hop-Kultur, wurde aus 0711 ein Symbol für eine weltoffene, verbindende und tolerante Stadt.“ Stuttgart stehe für Solidarität und sei eine Stadt, „in der Menschen unterschiedlicher Nationalitäten und Hintergründe friedlich miteinander leben“. Die Bestrebungen der Initiative Querdenken 711 stelle diese Idee von Gemeinschaft infrage. Weiter heißt es in dem offenen Brief: „Wir erinnern daran, was unsere Stadt und unsere Gemeinschaft ausmacht: Ein Miteinander, geprägt von Respekt und Toleranz.“ Unterstützt wurde der Brief unter anderem von den Fantastischen Vier, den Freundeskreis-Hip-Hoppern und den früheren VfB-Profis Timo Hildebrand und Kevin Kuranyi.

Ein Riesenregenbogen auf dem Cannstatter Wasen

Jetzt soll die Stuttgart-Vorwahl wieder einen positiven Klang bekommen. Das Motto der Imagekampagne für ein rücksichtsvolles Stuttgart heißt denn auch #wirsind0711. Das Stadtpalais nimmt dabei eine koordinierende Rolle ein. „Ziel ist es, bestehende Initiativen aus Stuttgart miteinander zu verknüpfen, um sie gegenseitig zu stärken“, sagt Museumschef Giese. Der offene Brief vom November soll weitererzählt werden und zur Geltung gebracht werden. Sichtbares Zeichen der digital und analog konzipierten Kampagne ist der von der Grafikdesignerin Sarah Gilgien entworfene stadtbekannte „Kleine Regenbogen“. Er wird nach Auskunft der Initiative in allen Social-Media-Formaten zum Download angeboten, damit möglichst viele Nutzerinnen und Nutzer, „ein Zeichen für ihr Stuttgart setzen können“.

Beim kleinformatigen Regenbogen soll es jedoch nicht bleiben. #wirsind0711 gehen damit auch in den zuletzt von den Querdenkern dominierten öffentlichen Raum. Wie genau, lässt Giese noch offen. In der Kürze der Zeit habe man nicht alle notwendigen Fragen klären können. Es zeichnet sich jedoch ab, dass das Regenbogensymbol in der Stadt nicht zu übersehen sein wird – angefangen vom Stadtpalais am Charlottenplatz selbst. Ein Zeichen setzt die Initiative auch auf dem Cannstatter Wasen. An diesem Sonntag sollen dort die Regenbogenfarben in XXL-Format aufgetragen werden.