Warum sich immer neu erfinden? Peter Heppner verlässt sich bei seinem Konzert im Wizemann vollständig auf Elektropop der guten alten Schule.

Stuttgart - Ein bisschen wie ein deutscher David Bowie schlich Peter Heppner ab 1987 durch die nationale Musikszene: gut aussehend, smart, charismatisch, von einer gewissen Unergründlichkeit. Doch während Bowie sich als „Chamäleon“ in eine Vielzahl an Identitäten und Stilen hineinexperimentierte, blieb Heppner seinem Genre über nunmehr drei Jahrzehnte stets treu – überaus treu, wie sein dienstagabendlicher Auftritt im Wizemann zeigte.

 

Der Mann am Pult

Einhundert Minuten Elektropop der guten alten Schule erleben die rund fünfhundert Besucher in der lediglich zur Hälfte gefüllten Halle: jenen Sound also, mit dem Heppner einst schon das Dark-Wave-Duo Wolfsheim zum Erfolgsprojekt machte und der eigentlich nur zwei Erscheinungsformen annimmt. Entweder marschiert die Musik im New-Wave-Stil der späten Achtziger durch flotte Tempi und hübsche Melodien – so wie im gut gelaunten Popsong „Alleinesein“, mit dem dieses Konzert nach einem verhaltenen Intro erstmals Tempo aufnimmt. Oder der Heppner-Sound mäandert in eisiger Schönheit durch Melancholie, Schwermut und Romantik – genau dorthin zieht er sich auch im Wizemann über weite Strecken zurück.

Von einer dreiköpfigen Band konzentriert gespielt und luzide-dynamisch abgemischt, entfaltet diese weitläufig dimensionierte Klanglandschaft gleichwohl veritable Wucht. Achim Färber sorgt mit Naturschlagzeug und Syndrum für wuchtige Beats, Dirk Riegner holt hübsche Loops und tranceartige Synthieschleifen aus Keyboard und Notebook, Carsten Klatte steuert im Hintergrund schlanke, aber gehaltvolle Riffs bei. Heppner selbst steht wie stets seit frühen Wolfsheim-Tagen hinter einem Stehpult, auf dem ein digitales „Songbook“ ihn über Liedtexte und -reihenfolge informiert: eine recht gewöhnungsbedürftige Art der Vokalperformance, die eher an eine Lesung erinnert als an ein Popkonzert.

Chansonesk und leicht verständlich

Doch der gebürtige Hamburger, der auch schon Teilzeit-Sideman von Kollegen wie Schiller war und seit 2005 als Solokünstler arbeitet, ist ein vorzüglicher Intonator seiner gerne lyrischen Texte. Ein hanseatisch klares, apart kantiges Timbre verbindet er reizvoll mit einem bisweilen leicht chansonsken Gesangsstil, zudem deklamiert er seine Lieder mit vorbildlicher Textverständlichkeit. In sympathischer Gleichförmigkeit geht es so durch Wolfsheim-Klassiker wie „The Sparrows and the Nightingales“ sowie Joint-Venture-Arbeiten wie den mit Joachim Witt entstandenen Hit „Die Flut“ bis hin zu Songs aus den drei Heppner-Soloalben – natürlich auch welche aus dem aktuellen Werk „Confessions & Doubts“.

Selbst gefeierte Evergreens wie „Kein zurück“ inszeniert Heppner freundlich-distanziert, vermeidet norddeutsch zurückhaltend jedes überflüssige Wort und landet letztlich einen hübschen kleinen Triumph: Das souveräne Sich-treu-Bleiben siegt an diesem Abend deutlich über den Zwang des permanenten Sich-neu-Erfindens.