Wie überlegen kleine Lebensmittelläden jenseits der großen Ketten? Was zeichnet sie aus? Wer treibt sie um, und was treibt diejenigen wiederum an? Eine Serie geht diesen Fragen nach. Dieses Mal: Gesunde Kost in Sillenbuch.
Sillenbuch - Nicht überall wo bio draufsteht, ist auch bio drin. Dass das im Naturkostladen an der Kleinhohenheimer Straße anders ist, beteuert der Inhaber von Gesunde Kost, Michael Schmidt: „Bei uns ist alles zu 100 Prozent bio.“ Der Lebensmittelkaufmann achtet nach eigenen Angaben nicht nur auf frische Ware, sondern auch auf den Anbau, die Herstellung und die Nachhaltigkeit der Produkte in seinem Sortiment.
Seit 20 Jahren im Verkauf von Lebensmitteln
Schmidt ist mittlerweile seit mehr als 30 Jahren in der Lebensmittelbranche tätig. Vor 20 Jahren ist er vom Verkauf herkömmlicher Lebensmittel auf die Naturkost umgestiegen. „Ich bin damals nur durch Zufall auf einen Bioladen aufmerksam geworden“, erinnert er sich.
Viele von Schmidts Lebensmittel sind mit dem Demeter-Siegel versehen. „Die Idee dahinter stammt aus der Waldorfpädagogik und ist anthroposophisch orientiert“, erklärt der gebürtige Stuttgarter. Die Richtlinien dieses internationalen Bioverbands gelten als die strengsten und nachhaltigsten. Teil der Demeter-Landwirtschaft sind spirituelle und homöopathieähnliche Methoden.
In seinem Laden will Schmidt nicht nur Naturprodukte verkaufen, sondern auch Lebensqualität. Nach zehn Jahren kennt der 56-Jährige nahezu jeden seiner Kunden mit Namen und beantwortet geduldig Fragen. Das Herzstück seines Ladens ist die Obst- und Gemüsetheke. Obst und Gemüse bezieht er von regionalen Großhändlern aus Vaihingen an der Enz, Backwaren bekommt er von Bäckereien aus Tübingen und Weilheim an der Teck. Und auch die Demeter-Bäckerei der Eselsmühle liefert Backwaren.
Möhren-Grün fürs Kleinvieh der Nachbarkinder
Was am Ende des Tages nicht verkauft wird, liegt am nächsten Morgen in einem Korb mit der Aufschrift „Brot vom Vortag“. „Manche mögen nur Frisches, aber ich finde es nicht richtig, Lebensmittel wegzuwerfen“, sagt Michael Schmidt. Deshalb verschenkt der Familienvater Möhren- und Kohlrabi-Grün als Futter für Hasen und anderes Kleinvieh an die Kinder aus der Nachbarschaft. Das Obst und Gemüse, das bis zum Abend nicht verkauft wird, räumt er entweder ins Kühlregal, oder es landet auf dem Esstisch bei Schmidt zu Hause. „Wenn die Gurken nicht mehr frisch genug sind für den Verkauf, dann gibt es bei uns eben Gurkensalat.“
Für Bio-Liebhaber, die selbst nicht mehr einkaufen gehen können, liefern Schmidt und seine fünf Mitarbeiter dreimal in der Woche die Produkte bis an die Haustür. „Meistens packen wir auch die Lebensmittel vor Ort aus und lassen unsere Kunden die Ware prüfen“, sagt Schmidt. Er beliefert neben Privatleuten Waldorfkindergärten und ein Altersheim.
Infos für den Kunden seien Pflicht
Die Konkurrenz schläft nicht. „Bio gibt es mittlerweile fast überall. Wir versuchen deshalb, mit Fachwissen, guter Ware und dem persönlichen Kontakt unsere Kunden glücklich zu machen“, sagt Schmidt. Neben Naturkosmetikprodukten, Waschmittel, Teesorten, Milchprodukten, Fruchtaufstrichen, Süßwaren, Fisch und Fleisch verkauft er in seinem 75 Quadratmeter großen Laden auch Blumenerde, frische Kräuter und Saatgut. „Viele meiner Kunden wundern sich darüber, dass ihre Kräuter nicht mehr nachwachsen. Das liegt am Saatgut, das von den Konzernen extra so gezüchtet ist“, sagt er. Darum biete er in seinem Geschäft wiederverwendbares Saatgut zum Verkauf an. „Das Recht auf Lebensmittel hat nur der Mensch, nicht die Konzerne“, sagt er und ist plötzlich sehr aufgebracht.
Michael Schmidt sieht sich in der Pflicht, seine Kunden zu informieren. In seinem Laden gibt es deshalb auch ein Schwarzes Brett, an dem neben Wohnungsanzeigen Flyer von Veranstaltungen aus der Region rund um die Themen Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung hängen. „Ich will meinen Kunden das Gefühl geben, hier gut aufgehoben zu sein“, sagt der Ladenbesitzer Schmidt. Wer in dem Sillenbucher Bioladen einkauft, bekommt also nicht nur Lebensmittel mit Bio-Siegel, sondern bei Bedarf auch noch das passende Lebensgefühl mitgeliefert.