Die Idee, das Führungs- und Lagezentrum der Polizei doch nicht nach Aalen zu verlegen, sondern womöglich in Waiblingen zu belassen, stößt beim Polizeipräsidium und der Gewerkschaft auf wenig Gegenliebe.

Waiblingen/Aalen - Ist es sinnvoll, das Führungs- und Lagezentrum (FLZ) des Polizeipräsidiums in Aalen für fast 10 Millionen neu zu bauen, nachdem in Waiblingen erst vor fünf Jahren eines der zumindest damals modernsten Lagezentren der Polizei in Baden-Württemberg eingeweiht worden ist? In den vergangenen Wochen sind große Zweifel an dieser Entscheidung im Zuge der ohnehin umstrittenen Polizeireform laut geworden, die 2014 unter der grün-roten Landesregierung beschlossen worden war. Das neue Polizeipräsidium, in dem die Direktionen Waiblingen, Schwäbisch Hall und Aalen zusammengefasst wurden, hat seit der Reform seinen Sitz in Aalen. Der Plan sieht dort eben auch ein Führungs- und Lagezentrum vor, das bislang nicht umgesetzt ist. Bis heute ist das Waiblinger Lagezentrum noch in Betrieb. In Waiblingen, so die Neuordnung, residiert die Direktion der Kriminalpolizei, und die Verkehrspolizeidirektion wird in Kirchberg/Jagst nahe der A 6 angesiedelt.

 

Lorek und Häffner: Evaluation abwarten

Die Landtagsabgeordneten Siegfried Lorek (CDU) und Petra Häffner (Grüne), beide sind in ihren Landtagsfraktionen Sprecher für Polizeifragen, haben nun als eine Art grün-schwarzen Vorstoß einen Brief an die Finanzministerin Edith Sitzmann geschickt. Bevor die Ausschreibung für einen Neubau vorangetrieben werde, so heißt es darin, müsse die im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluation zur Polizeistrukturreform abgeschlossen werden. Ohnehin sind in diesem Zusammenhang vom Innenminister Thomas Strobl (CDU) bereits acht Neubauprojekte mit einem vorläufigen Baustopp versehen worden (wir berichteten). Sollte sich nun bei der Evaluation herausstellen, dass das FLZ in Waiblingen zukunftsfähig ist, so die beiden Polizeisprecher der Koalitionsfraktionen im Landtag, dann müsse im Sinne der ebenfalls vereinbarten Haushaltskonsolidierung geprüft werden, ob das millionenschwere Neubauprojekt in Aalen nicht auch zu streichen sei.

Unterstützung für die Überlegung, das Lagezentrum womöglich in Waiblingen zu belassen, kommt aus dem Rems-Murr-Landratsamt. „Damals, 2012, als die Entscheidungen liefen, war ich im Landratsamt als Verkehrs- und Ordnungsdezernent für diesen Bereich zuständig“, sagt der heutige Landrat des Rems-Murr-Kreises, Richard Sigel. Es sei für ihn eine besonders bittere Pille gewesen, dass das Polizeipräsidium in Aalen angesiedelt worden sei – „dies, obwohl wir in Waiblingen top aufgestellt sind. Wir hatten damals ein geradezu vorbildhaftes Einsatztrainingszentrum eingeweiht“, so Sigel. Er wünsche sich deshalb, dass wenigstens das Führungs- und Lagezentrum in Waiblingen bleibe. Sigel: „Das würde Millionen einsparen, und die Aufgabe würde trotzdem hervorragend erledigt – ohne dass man damit das Rad der Reform zurückdrehen würde.“

Polizeipräsiden: Flächen in Waiblingen längst verplant

Auf wenig Begeisterung stößt der Vorstoß im Westen des Präsidiumsbereichs dagegen in Aalen. Sich wie derzeit für eine Übergangszeit mit Videokonferenzen oder Telefonaten zu behelfen, sei natürlich möglich, sagt dazu der Aalener Polizeipräsident Roland Eisele. Aber mit einer dauerhaften räumlichen Trennung des Sitzes des Polizeipräsidenten und des Führungs- und Lagezentrums würde man sich – im schlechten Sinne – landesweit ein absolutes Alleinstellungsmerkmal verschaffen. Im übrigen seien die Flächen des Lagezentrums im Waiblinger Gebäudekomplex längst für die Kripo-Direktion verplant und würden von dieser auch dringend benötigt.

Die Aalener Bezirksgruppe der Gewerkschaft der Polizei bezeichnet die Forderung, den Neubau zu stoppen, sogar als „klassischen politischen Fehlstart“, speziell beim einstigen Polizeikollegen Lorek. Dabei bleibe das Personal außer Acht, kritisiert Uwe Bieler, der stellvertretende Vorsitzende. Mit der Zusage, im neuen FLZ in Aalen arbeiten zu können, hätten viele Kollegen in Kauf genommen, für drei, vier Jahre eine weitaus längere Fahrstrecke in Kauf zu nehmen. An den Zusagen habe jeder seine Zukunftsplanung ausgerichtet. Wenn jetzt durch die Politik kurzfristig die Spielregeln völlig geändert würden, sei dies „eine Ohrfeige für alle Beschäftigten.“