Ursprünglich wollte die Stadt die Halle abreißen und neu bauen. Das wäre mindestens eine Million Euro billiger gekommen.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Die Nachricht kam am Donnerstag per Pressemitteilung: „Die Schelztorhalle ist eine seltene und geglückte Kombination aus Sportstätten- und Ingenieurbau“, schreibt das Landesdenkmalamt Esslingen über das Bauwerk, das nun den Rang eines Kulturdenkmals erhalten hat. „Ein überregional bedeutendes Architekturzeugnis der 1950er Jahre“, so wertet der Referatsleiter Martin Hahn die Sporthalle an der Berliner Straße in Esslingen.

 

Sein Kollege Andreas Steudle hat umfangreich zur Halle recherchiert und den beiden Schöpfern der Halle, dem Oberbaurat Hermann Kauß und dem Stadtbaumeister Richard Baumann, beste Noten ausgestellt: „Eine solche Halle stellt in dieser Zeit ein Novum dar, für das es bundesweit keine Vorbilder gab“, sagt Steudle. So wurde die Halle selbst zum Vorbild und etliche Abgesandte von deutschen Kommunen reisten nach Esslingen, um die revolutionär gebaute Halle zu studieren.

Damit hat allerdings das Denkmalamt den Stadtplanern und dem Gemeinderat der Stadt Esslingen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie wollten die Schelztorhalle abreißen und durch einen Neubau ersetzen, der mehr Platz für Sport und Spiel geboten hätte als die alte Halle aus den 1950er Jahren, und der auch billiger gewesen wäre.

Dass die obersten Denkmalschützer damit die Pläne der Stadt durchkreuzen, ist dem Amt wohl bewusst. „Die Bewertung als Kulturdenkmal basiert ausschließlich auf der fachlich-historischen Würdigung des Bauwerks und ist damit auch nicht als bewusster Affront gegenüber der Stadt zu werten, sondern als sachliche denkmalfachliche Einschätzung“, sagt Sonja Hettich vom Regierungspräsidium Stuttgart. Man werde jetzt die Sanierung der Halle prüfen und sei mit der Stadt Esslingen in einem engen fachlichen Austausch.

Die architektonische Bedeutung der Schelztorhalle ist das eine, das andere ist jedoch ihre Funktion als Sportstätte. Dort feierten die Handballer ihre Triumphe, dort mussten sie ihre Niederlagen verschmerzen, dort fieberte das Publikum bei den Torschüssen und die Emotionen brandeten von einem Stahlträger des geschwungenen Sheddachs zum anderen.

Einer der aktiven Handballer von damals ist Ulrich Fehrlen, heute der Chef des Esslinger Sportverbands und FDP-Gemeinderat. „Ich habe in meiner aktiven Zeit und später als Handball-Schiedsrichter unzählige Sporthallen gesehen. Aber die Schelztorhalle ist einfach etwas ganz Besonderes.“

Das sagt er als Sportler. Als Gemeinderat sieht er allerdings auch die Forderungen des Esslinger Sportentwicklungsplanes. Und dieser Plan sagt, dass Esslingen zu wenig Sportstätten vorhalte. Nicht nur für den Mannschaftssport, es gebricht auch an Möglichkeiten für Gymnastik, Fitness oder für Randsportarten. Immerhin: mit der neuen Schulsporthalle in Zell und vor allem mit der renovierten Halle im Sportpark Weil habe Esslingen jedoch ein paar Lücken schließen können.

Die Sportler hängen an der Halle

Aber nicht nur in seiner Brust schlagen in dieser Frage zwei Herzen. Der Esslinger Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht sagt, „als Architekt kann ich die Entscheidung des Landesdenkmalamtes nachvollziehen, aber als überzeugter Stadtplaner ist sie für mich schmerzlich.“ Eine Herausforderung werde es jetzt sein, die luftig filigrane Konstruktion energetisch zu sanieren. Denn das Dach decke nur eine dünne Betonschale, die man heute so gar nicht mehr bauen dürfe, sagt Wallbrecht, „aber das ist eben auch das Besondere daran“.

Ein Neubau an dieser Stelle hätte sieben Millionen Euro gekosten, eine Sanierung würde mindestens acht Millionen Euro kosten, rechnet der Baubürgermeister vor. Denn was die Heizung und die Klimatechnik anbelangt, bekommt die Halle laut dem Sportentwicklungsplan die Note fünf und bei den Sanitäranlagen eine glatte sechs.

Ganz uneingeschränkt für die Halle tritt jedoch die Esslinger Architektin Clarissa de Ponte ein. Sie ist die Sprecherin des Planungsbeirates der Stadt Esslingen. Diese lockere Vereinigung von örtlichen Architekten mischt sich immer mal wieder ein, wenn die Stadt ihrer Ansicht nach architektonische Fehlentscheidungen trifft, und hatte sich zuletzt in der Lokalzeitung für die Halle stark gemacht.

„Es ist eine ganz außergewöhnliche Konstruktion“, schwärmt sie, „sie ist luftig, leicht, sie legt eine selbstverständliche Bescheidenheit an den Tag.“ Für Clarissa de Ponte ist die Halle eine gelungene Umsetzung der Forderungen der Bauhaus-Schule. Hier zeige sich nicht mehr die Herrschaftsarchitektur der vergangenen Zeiten, „sondern ein zutiefst demokratisches Gebäude, das für alle Bürger da ist.“