Bei einer vierwöchigen Residenz im Theater Rampe baut die Künstlerin Ülkü Süngün ein „soziales Kunstwerk“.

Wem gehört das Theater, wem gehören die Räume, in denen Kultur stattfindet? Allen, würde man spontan sagen. Die Kunst wird in Deutschland vielfach subventioniert, kulturelle Institutionen sind öffentlich zugänglich. Aber ganz so einfach ist die Sache eben doch nicht, es gibt genug Menschen, die keinen selbstverständlichen Zugang zu Theater und Museen finden, die sich nicht mit den kulturellen Angeboten in ihrer Stadt identifizieren, sich nicht in den Räumen willkommen fühlen.

 

Die Künstlerin Ülkü Süngün und die Dramaturgin Paula Kohlmann wollen das ändern. Kohlmann gehört zum festen Team des Theaters Rampe und hat Ülkü Süngün vom Institut für künstlerische Postmigrationsforschung eingeladen, unterm Titel „Aussetzen“ vier Wochen lang das Haus am Marienplatz als Labor zu nutzen. Das klingt zunächst abstrakt, das Institut für künstlerische Postmigrationsforschung, dem Süngün angehört, ist auch nicht jedermann geläufig. Beim Gespräch schmunzelt Süngün bei der Frage, wo dieses Institut denn angesiedelt sei. „Ich bin das Institut“, sagt sie. Ihr ginge es in ihrer Arbeit um Fragen der Teilhabe in Politik und Kunst, sie wolle das alte System Theater mit seinen festen Strukturen von Probe- und Aufführungsphasen „stressen“. Schon der Raum an sich sei politisch, erklärt sie, weil bestimmte Gruppen gar keine Räume hätten.

Politisch aktiv sein und bleiben

Vom 19. Februar bis zum 19. März will das Theater Rampe nun für alle ein Raum sein, die in künstlerischen Diskursen der Stadt sonst kaum vorkommen. Süngün, auch Dozentin an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart, kooperiert dafür mit Gruppen wie der Migrantifa Stuttgart oder der Black Community Foundation. Manche der Veranstaltungen sind geschlossen, damit Menschen mit rassistischer Diskriminierungserfahrung die Möglichkeit haben, unter sich zu sein und eigene Themen zu setzen. Ausschließen wollen Süngün, Kohlmann und die anderen Beteiligten aber niemanden, so soll es etwa immer dienstags um 14 Uhr ein Mittagessen zum gemeinsamen Austausch geben.

Zum Auftakt am 19. Februar erklärt sich das Theater Rampe solidarisch mit den Opfern des rassistischen Terroranschlags von Hanau 2020 und ruft zur Teilnahme an der Gedenkkundgebung auf dem Schlossplatz auf. Der Workshop „Politisch aktiv sein und bleiben“ vom 24. bis zum 26. Februar will Menschen für ihr soziales und politisches Engagement, etwa in der Arbeit mit Geflüchteten, stärken. Auch die Lesung „Schwarz wird groß geschrieben“ (2. März, 20 Uhr) mit der Autorin Evein Obulor ist öffentlich, ebenso das Rap- und Tanz-Empowerment „Talk Projekt“ (4. März) von Maria Kechaja, das sich an Jugendliche richtet. Das Programm wird im Verlauf der Residenz weiter entwickelt. Das Theater, finden Süngün und Kohlmann, soll ein soziales Kunstwerk sein.

Aussetzen: 19. 2. bis 19. 3., Informationen unter www.theaterrampe.de