Nach einem sehr warmen Sommer folgt ein extremer Wetterwechsel: Der September beschert Stuttgart zur Unzeit eine deutlich zu kalte zweite Hälfte, die ohne superteuren Energieeinsatz eigentlich nicht auszuhalten war.

Auf den September in der Stadt war in den vergangenen Jahren eigentlich so gut wie immer Verlass – wenn man es von der Wetterseite her betrachtet. Die Freibadfreunde grantelten Richtung Bäderverwaltung, die bei allerbestem Badewetter nach den Schulferien die Freibäder zusperrte – und keiner kam auf die Idee, bei den sommerlichen Temperaturen an der Heizung zu drehen. Warum auch? Selbst am Abend konnte man mit einer leichten Jacke draußen sitzen und keiner vermisste die klimatechnisch unkorrekten Heizpilze. Doch, das war in den vergangenen zwei Jahren tatsächlich so, da bilanzierte der Deutsche Wetterdienst (DWD) für Stuttgart deutlich überdurchschnittliche Temperaturen, mehr Sonne als in den Jahren zuvor und viel zu wenig Regen.

 

Ans Freibad dachte Mitte September niemand mehr

Das war in diesem Jahr komplett anders, an Freibad dachte nach dem 15. September keiner mehr: Zwar begann der erste Herbstmonat noch durchaus spätsommerlich „und am 5. September stieg das Thermometer auch noch bis auf einen Hitzetag mit 30,3 Grad“, erklärt DWD-Meteorologe Andreas Pfaffenzeller. Aber pünktlich zur Monatsmitte drehte die Hauptwindrichtung auf Nordwest, es strömte Kaltluft ins Land, und das Thermometer rutschte schlagartig und nachhaltig in den Keller. Zeigte das Quecksilber an der DWD-Messstation Schnarrenberg am 14. des Monats noch maximal 26,1 Grad, wurde danach die 20-Grad-Marke nicht mehr erreicht, gegen Ende des Monats auch die 15 nicht mehr und zwischen dem 27. und dem 29. September rutschte dann die durchschnittliche Tagestemperatur sogar unter zehn Grad und ein Nachtfrost war nicht weit entfernt.

Stuttgarter saßen frierend am Arbeitsplatz

Das hatte mit dem milden Herbstauftakt der vergangenen Jahre überhaupt nichts mehr zu tun. „Insgesamt war der September mit einer Mitteltemperatur von 14,9 Grad im langjährigen Vergleich um 0,4 Grad zu kalt“, sagt Meteorologe Pfaffenzeller. Und so saß Stuttgart frierend am Arbeitsplatz oder in der Wohnung, ging zum Aufwärmen in die noch geöffneten Saunen und blickte danach sehnsuchtsvoll auf die Heizkörper, die man allerdings partout wegen der wahnsinnigen Energiepreise nicht einschalten wollte. Zum Vergleich: 2020 lag die Durchschnittstemperatur im September mit 16,9 Grad zwei Grad höher als dieses Jahr. Geheizt hat damals niemand, zumal die Temperatur auch nachts kaum mal unter 14 Grad ging. Und 2021 war es kaum anders.

Der Regen war für die Natur erfreulich

Auch die Glücklichen, die ihr Wasser für gewöhnlich mit Sonnenenergie auf Duschtemperatur erwärmen können, brachten an vielen Tagen trotz des eigentlich noch hohen Sonnenstandes kaum noch lauwarm hin. Das wiederum lag an der durchaus erfreulichen Wetterseite des Monats. Der September bescherte Stuttgart endlich mal wieder ausreichend Regen, der vertrocknete Grasflächen wieder grün werden ließ und auch so gleichmäßig aus einem oft dauergrauen Himmel fiel, dass nicht gleich wieder alles in die Kanalisation schoss.

Rund 160 Prozent Regen des langjährigen Mittels

Knapp 80 Liter pro Quadratmeter kamen am Schnarrenberg zusammen, das sind etwa 160 Prozent des langjährigen Mittels. Ein Segen nach dem zweitrockensten Stuttgarter Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1951. Da zudem die Sonne weniger als sonst im Schnitt im September schien, blieb zwar das Duschwasser eher kühl, der Regen in der Natur verdunstete dafür aber nicht so schnell und feuchtete die obere Bodenschicht so richtig durch. Für das gebeutelte Grundwasser war aber auch das noch viel zu wenig. Um hier für eine wenig Entspannung zu sorgen, müssten auch die nächsten drei Monate des Jahres deutlich zu nass sein.

Der Oktober startete mit viel Wasser

Zumindest der Auftakt des Oktobers nährt aber die Hoffnung auf eine Milderung des Wasserdefizits in der Tiefe. Allein am vergangenen Sonntag fielen knapp 20 Liter in das Messglas am Schnarrenberg. Das ist gut die Hälfte eines durchschnittlichen Oktobers. Nach einer goldenen Phase in dieser Woche, in der es keine Heizung braucht, könnte es nächste Woche aber wieder nass und kühl werden.