Einfach ist die Materie nicht, aber der Bund will den Bestandsschutz beim Betreuungsgeld großzügig auslegen. Für 455 000 Eltern ist das wohl schon jetzt eine gute Nachricht.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Eine Unsicherheit, die aus dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgt, hat Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) weitestgehend ausgeräumt: Ihr erklärtes Ziel ist, dass die 455 000 Eltern, die derzeit in ganz Deutschland Betreuungsgeld beziehen, die staatliche Leistung von 150 Euro monatlich wie geplant bis zum dritten Geburtstag von Sohn oder Tochter weiterbeziehen werden. So hat es die Sprecherin von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) am Mittwoch vor der Presse erklärt.

 

Ihre Formulierungen lassen durchblicken, dass Ministerin Schwesig davon ausgeht, dieses Ziel auch durchsetzen zu können. Dass das höchste Gericht in Karlsruhe das umstrittene Betreuungsgeld tags zuvor für verfassungswidrig erklärt und gekippt hat, soll daran nichts ändern. Die SPD-Politikerin, die das Betreuungsgeld stets als frauen- und familienpolitischen Fehlanreiz bekämpft hat, tritt jetzt dafür ein, den Vertrauensschutz für die Betroffenen möglichst großzügig auszulegen.

Ziel ist eine juristisch saubere Lösung

Aber das ist nicht so einfach. Deshalb lässt die Bundesregierung vorerst offen, wie mit eingereichten oder bereits bewilligten Anträgen umgegangen wird. Wer schon Betreuungsgeld erhält, ist wohl auf der sicheren Seite. Wer einen Antrag gestellt, vielleicht sogar bereits eine Bewilligung, aber noch kein Geld erhalten hat, muss noch einigen Wochen der Ungewissheit ertragen. Denn im August will Manuela Schwesig nach Auskunft ihres Hauses einen Vorschlag vorlegen, wie der Vertrauensschutz aussehen soll. Zwar gilt dieses Prinzip im Grundsatz immer, wenn die Rechtslage sich zu Lasten Dritter verschlechtert. So sollen Härten vermieden werden, wenn Leistungen gekürzt oder gestrichen werden. Aber was im Kern so einfach klingt und im Bundesverfassungsgerichtsgesetz sowie im zehnten Sozialgesetzbuch verankert ist, ist nach Auffassung vieler Juristen im Detail schwierig auszulegen. Deshalb reklamiert das Familienministerium in Berlin jetzt Zeit, um eine juristisch saubere Lösung zu erarbeiten.

Frei werdende Gelder wecken Begehrlichkeiten

Manuela Schwesig kämpft – unterstützt von vielen SPD-Politikern – überdies dafür, dass die durch den Karlsruher Richterspruch frei werdenden Finanzmittel weiterhin Kindern und Familien zugute kommen – etwa durch einen Ausbau der Kindertagesstätten. Für das Betreuungsgeld sind im laufenden Haushalt 900 Millionen Euro eingestellt; in den Jahren bis 2019 ist jeweils eine Milliarde Euro verbucht. Dass das Betreuungsgeld durch höchstrichterliche Anordnung nun wegfällt, weckt aber auch Begehrlichkeiten. Nicht nur Bayern hat gefordert, dass der Bund die Gelder, wie vorgesehenen, an die Länder abgeben soll.

Doch auch diese Frage wird nicht schnell beantwortet. Erst Anfang September will die große Koalition entscheiden, was mit den frei werdenden Mitteln geschehen soll. Bis dahin werde sich der Bund Klarheit über seine weiteren finanziellen Verpflichtungen verschaffen, kündigte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz in Berlin an.