Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann bekommt den Negativpreis für angebliche Datenschutzverletzungen bei der Bildungsplattform des Landes. Aber die Preisverleiher waren offensichtlich schlecht informiert.

Politik/Baden-Württemberg: Rainer Pörtner (pö)

Stuttgart - Der baden-württembergischen Kultusministerin wurde am Freitag der Negativpreis „Big Brother Award“ verliehen – aber Susanne Eisenmann reagierte auf die Auszeichnung eher amüsiert denn verärgert. Offensichtlich hatte sich der Bielefelder Datenschutzverein Digitalcourage, der die Preise für die größten Datensünder des vergangenen Jahres vergibt, vor seinem Votum nur unzureichend informiert.

 

Der Preis wurde nach Auskunft des Bielefelder Vereinsan das Land Baden-Württemberg für die Entscheidung vergeben, wesentliche Dienste der digitalen Bildungsplattform des Landes von Microsoft betreiben zu lassen. Der Verein wirft der zuständigen Ministerin Eisenmann (CDU) vor, damit Daten und E-Mails von Lehrern und Schülern nicht nur an das US-Unternehmen zu liefern, sondern dadurch auch an die US-Geheimdienste. Warnungen von Datenschützern und ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) habe Eisenmann ignoriert, heißt es in der Begründung.

Fehlinformationen über die geplante Bildungsplattform

„Die Recherche für diese Preisverleihung kann nicht allzu gründlich gewesen sein“, erklärte Eisenmann. Nach Auskunft des Kultusministeriums ist eine Entscheidung über die Ausgestaltung der Bildungsplattform noch gar nicht getroffen worden. Grundfalsch sei zudem, dass die digitale Bildungsplattform von Microsoft betrieben werden soll.

Bei einer gründlicheren Vorarbeit „hätte man in Erfahrung gebracht, dass wir den baden-württembergischen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) sehr früh in den Prozess eingebunden haben und uns mit ihm seither in konstruktiven Gesprächen befinden, um einen datenschutzkonformen Einsatz von Bestandteilen von Microsoft 365 für unsere neue digitale Bildungsplattform zu prüfen“, sagte Eisenmann. Die zur Auswahl stehende Version werde auf jeden Fall speziell für die Bedürfnisse der digitalen Bildungsplattform konfiguriert, sodass beispielsweise sichergestellt sei, „dass eine Speicherung von Daten nicht außerhalb des Geltungsbereichs der Datenschutzgrundverordnung erfolgt“.

Auch Tesla und Brandeburg wurden ausgezeichnet

Neben Baden-Württemberg erhielt das Land Brandenburg den „Big Brother Award“ 2020, weil es dauerhaft Autokennzeichen gespeichert hat. Laut Laudatio archiviere das Bundesland seit Jahren Informationen zu Fahrzeugen in über 40 Millionen Datensätzen, obwohl das Bundesverfassungsgericht klare Grenzen gezogen habe.

In der Kategorie Mobilität erhielt die US-Firma Tesla den Preis für die Überwachung der Fahrzeuginsassen und der Umgebung. „Der Autohersteller Tesla findet für seine Elektroautos viel Anerkennung. Für viele Reiche und Ökos haben die Autos Kultstatus“, heißt es in der Begründung. Dass es sich dabei um Überwachungsanlagen auf vier Rädern handelt, spiele offenbar keine Rolle. „Die hippen Autos aus Kalifornien haben Sensoren für praktisch alles, was mit dem, in dem und um das Auto herum passiert.“ Was mit den gesammelten Daten im Detail passiert, bleibe unklar.