Die SPD Baden-Württemberg wird von einer Datenschutzaffäre erschüttert: Nach bisherigen Kenntnissen hantierten zwei Jusos offenbar gesetzeswidrig mit Mitgliederlisten – unter ihnen der frühere Vorsitzende und der Landesgeschäftsführer. Für beide hat dies Folgen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Datenmissbrauch bei der Südwest-SPD hat weitere personelle Konsequenzen: Der frühere Juso-Landeschef Leon Hahn lässt seine Ämter in Landesvorstand und Präsidium ruhen, bis die Affäre aufgeklärt ist. Je nach Ergebnis sind dann auch Konsequenzen wie etwa ein Rückzug möglich. Der hauptamtlich angestellte Juso-Landesgeschäftsführer Yannick Schulze ist beurlaubt und muss den SPD-Ortsvereinsvorsitz in Ludwigsburg ruhen lassen. Neben den beiden Drahtziehern könnte noch Juso-Landeschefin Stephanie Bernickel tangiert sein, wenn auch nicht im gleichen Ausmaß. Weitere involvierte Personen sind der Landesparteiführung bislang nicht bekannt.

 

Bis zu 1200 Mitglieder betroffen

Nach Informationen unserer Zeitung wurden in diversen Fällen Datensätze der Partei dazu genutzt, um Mitglieder von eigenen Positionen zu überzeugen. Da geht es etwa um eine Mitgliederversammlung Anfang 2018 im Rhein-Neckar-Raum, um einen Wohnungsbauantrag auf dem Kleinen Landesparteitag Ende April in Bruchsal, der auf die Tagesordnung gebracht werden sollte, sowie um den Parteitag Ende November in Sindelfingen. Demnach war die Zielrichtung der Initiatoren jeweils unterschiedlich – im dritten Fall wollten sie Lars Castellucci zum Posten des neuen Landesvorsitzenden verhelfen, was ihnen nur knapp misslang.

Insgesamt sind offenbar 1200 mitglieder- oder delegiertenbezogene Datensätze auf Übersichtslisten verbreitet worden – wobei Dopplungen möglich sind. Noch immer bemühen sich einerseits der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink und andererseits die Landesspitze um Transparenz. In einer Telefonschalte am Mittwochabend soll Landeschef Andreas Stoch von Hahn energisch ein klares Wort verlangt haben. Generalsekretär Sascha Binder mahnt „alle, die etwas zu dem Thema beizutragen haben, sich auch bei uns melden, damit wir die Aufklärung weiter vorantreiben können“, wie er unserer Zeitung sagte. Diejenigen, mit denen man bisher gesprochen hätte, seien „kooperationsbereit“ gewesen. So habe man in den vergangenen Tagen weitere Listen erhalten. Auch sie wurden überprüft, ob sie aus der SPD-Datenbank stammen. Da dies der Fall ist, wurden am Mittwoch die betroffenen Mitglieder informiert.

Kommission soll eventuell Aufklärung forcieren

Es sei normal, durch Telefonate im Vorfeld eines Parteitags die Chancen eines Antrags auszuloten, sagt Binder. „Es geht aber nicht, dass dies auf Grundlage rechtswidrig erlangter Daten passiert.“ Stoch und Binder wollen sich eng mit dem Datenschutzbeauftragten abstimmen sowie dem Landesvorstand bald das weitere Vorgehen vorschlagen. Offenbar wird auch eine interne Kommission verdienter Genossen erwogen, die dann die Aufklärung vorantreiben soll.