Gutgelaunt und unzerstörbar: David Hasselhoff feiert mit seinen Fans in Ludwigsburg. Die Reisen dafür sogar aus dem Ausland an.

Ludwigsburg - Wie bestreitet ein Mann, der fast nur einen Hit hatte, einen ganzen Abend, und weshalb ist dieser Mann, dessen große Stunde vor Jahrzehnten schlug, auch heute noch ein Star? David Hasselhoffs Deutschlandkonzerte sind dem Vernehmen nach ausverkauft; zusätzliche Termine mussten in seinen Tourplan aufgenommen werden.

 

Am Samstagabend kam der Mann, der Knight Rider war, für „Baywatch“ schwamm, und dem man nachsagt, er habe mit einem Aufschrei aus Weltschmerz und Größenwahn die Berliner Mauer gestürzt, nach Ludwigsburg. Die MHP-Arena, mit geschätzt 2500 Menschen zur Hälfte gefüllt, feiert eine Party. Hasselhoff, 65 Jahre alt, singt Schlager, sogar deutsche, grinst, klopft Sprüche und schließt alle Geschmacksnerven kurz. Ein Phänomen.

Stimmung wie beim Volksfest

Ist es ein Zufall, dass David Hasselhoff am selben Tag in Ludwigsburg auftritt, an dem auf dem Wasen auch das Frühlingsfest beginnt? Seine Fans und die Festgänger zu unterscheiden jedenfalls ist schlicht unmöglich. In der S-Bahn verschmelzen beide Mengen miteinander. In Ludwigsburg schwärmen ausgewachsene Männer umher, die Strumpfhose und Perücke tragen; größere Gruppen sind aus der Schweiz oder aus anderen europäischen Ländern angereist, um im Hasselhoff-Kostüm den Hasselhoff zu feiern. Mitten unter ihnen Anzugträger, Metalfans, Hausfrauen, Punks, Senioren. Jeder trägt ein T-Shirt mit dem Gesicht des Stars oder dem Titel einer Fernsehserie. Die Halle brüllt im Einklang: „Hassel-hoff! Hassel-hoff!“, noch bevor der Angerufene auftritt. Manch einer steigt auf einen Stuhl, um dort zu tanzen, fällt später dann vielleicht rücklings von ihm herab.

Hasselhoff tritt auf mit zwei Keyboardern, Schlagzeug, Bass und Backgroundsängerinnen – eine große Besetzung, die aber nur Countryrock und Schlager-Sound reproduziert. Egal, hier dreht sich eh alles um ihn, den einen, der mit einem schwarzen Auto durch die Nacht brauste, um Verbrecher zu jagen, der im Verein mit drallen Frauen arme Menschen vor dem Ertrinken bewahrte. „David Hasselhoff saved my Life!“ – auch das steht auf einem T-Shirt.

Das Konzert beginnt mit einem schnellen Medley, bekannte Titel huschen vorbei, grelle Lichter, Spots in vielen Farben, reißen die Bühne auf. Und schon steht er da, ganz in Schwarz, das Mikrofon in der Hand, singt „Jump in my Car“. Bald schon wird David Hasselhoff gut gelaunt, mit wahrer Siegermiene, über das Video plaudern, mit dem er 1996 entsetzte: „Hooked on a Feeling“ zeigt ihn im Pelz in arktischen Regionen, fliegend im Abendanzug, als Indiana-Jones-Verschnitt, all dies verblüffend billig umgesetzt. Ein Filmchen, das behaftet ist mit dem Ruf, das schlechteste Musikvideo aller Zeiten zu sein, und das Hasselhoffs Fans enthusiastisch lieben. „Hooga Hooga Ooga Chakka!“ singt der Saal im Chor. Kurz vor der Zugabe kommt dann das überaus schlichte „Do the Limbo Dance“ – und Polonäsen ziehen durch die Halle, Hunderte Mittvierziger feiern Kindergeburtstag.

An Selbstbewusstsein mangelt’s nicht

David Hasselhoffs Stärke ist seine gut gelaunte breitbeinige Unzerstörbarkeit, sein uneinnehmbares Selbstbewusstsein. Ein Video kursiert, in dem der sturzbetrunkene Sänger vergeblich versucht, einen Cheeseburger zu verzehren – in Ludwigsburg sticht er mit dem ausgestreckten Finger hinauf in die Luft, erteilt sich und allen einen klaren Befehl: „Never never never never never give up!“ Mit seinem höchst markanten Lächeln, dem strahlend blauen Blick inmitten seiner amerikanischen Gesichtslandschaft, seiner kräftigen Stimme, war er der Schwarm von Tausenden, die mit seinen Bildern aufwuchsen – nun, dreißig Jahre nach „Knight Rider“, ist er die monumentale Trash-Ikone, ein zweiter Chuck Norris, einer von unfassbarer Selbstironie. Oder meint er das etwa ernst?

David Hasselhoff verlässt die Bühne, geht durchs Publikum, verteilt Autogramme, Küsschen, Umarmungen, mehr als einmal. Der Saal gerät jedes Mal augenblicklich in Bewegung, die Herzen strömen ihm entgegen. Mit gut zwanzig Minuten Verspätung hat er sein Konzert begonnen, nun verlängert er es entsprechend. Die Samstagnacht in Ludwigsburg steht bis zur Nasenspitze in gloriosem Kitsch, träumt sich die Hitparade der Achtziger wieder herbei. David Hasselhof singt seine Partyschlager, singt romantische Duette, covert Neil Diamond und John Denver.

Schließlich interpretiert er auch David Bowie („Heroes“) und singt schließlich mit vollem Pathos den Hit, für den die Deutschen ihn liebten: „I’ve been looking for Freedom“. Noch einmal fällt die Mauer auf den Videobildern.