Bei den Landtagswahlen muss die CDU schwere Verluste hinnehmen. Das schwächt die Position der Bundeskanzlerin. Doch auch die SPD ist angeschlagen.

Wie immer verfolgt Angela Merkel solche Wahlkrimis, die in der Provinz spielen, aus der Abgeschiedenheit des Kanzleramts. In diesem Fall täuscht die vermeintliche Distanz zu den unmittelbaren Opfern. Merkel selbst stand nicht zur Wahl, aber das Votum des Stimmvolks wird auch als Verdikt über ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik gelesen. Die Kanzlerin könnte es sich einfach machen. Die Ergebnisse dieses Sonntags lassen sich zu einer Zweidrittelmehrheit zusammenzählen, die ihre Linie mitträgt. Es ist nicht auszuschließen, dass hinter den Mauern des Kanzleramts solche Erklärungsmuster gehegt werden.

 

Draußen ist das anders. In Merkels Partei gibt es eine Mindesterwartung an den Sonntagabend: Dass Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff weiter regieren kann, haben die meisten Unionisten schon eingepreist. Wenn aber die christdemokratischen Spitzenkandidaten Julia Klöckner und Guido Wolf tatsächlich scheitern, dann hätte Merkel ein doppeltes Problem. Klöckner ist eine der wenigen Hoffnungsträgerinnen in ihrer Partei – eine Nachwuchskraft, die im CDU-Milieu hohe Sympathie genießt. Ihr Debakel wäre ein Debakel für die ganze Union.

In Baden-Württemberg liegen die Dinge anders

In Baden-Württemberg liegen die Verhältnisse etwas anders. Da gelten die Sympathien weniger dem Spitzenkandidaten. Die Südwest-CDU gilt als eine Art Spätzle-CSU. Auf ihrer Stärke gründen Merkels Wahlsiege. Bei der letzten Bundestagswahl 2013 verbuchten die Christdemokraten in Stuttgart fast 46 Prozent – ein Wert, der tatsächlich an das Niveau der bayerischen Staatspartei heranreicht. Was davon verloren geht, wird am Ende auch Merkel fehlen, wenn sie 2017 noch einmal antritt.

Bis 2011 war Baden-Württemberg ein Musterländle der CDU. Bis vor einem guten halben Jahr gab es in deren Reihen gute Gründe, darauf zu hoffen, dass die Fukushima-Schlappe vor fünf Jahren ein Betriebsunfall gewesen sein könnte. Nun erweist sich das als Trugschluss. Damit trüben sich auch Merkels Machtperspektiven.

Hier gibt es eine Übersicht über alle Ergebnisse der Landtagswahl

Auch der dreifache Triumph einer neuen Rechtspartei mit Biedermann-Fassade ist letztlich der Kanzlerin anzulasten. Seit sie die CDU führt, lenkt sie nach links. Merkel hat eine um die andere Position übernommen, die der Union zuvor fremd war – und dabei heimatlose, frustrierte Konservative hinterlassen.

Auch die SPD hat an dem Wahlergebnis zu knabbern

Die SPD – vor allem SPD-Chef Sigmar Gabriel – wird an dem Wahlergebnis nicht minder zu knabbern haben. Daran ändert auch die Aufholjagd der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer nichts. In Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt war der Absturz auf alarmierend niedrige Werte deutlich unter die 20-Prozent-Marke trotz Regierungsbeteiligungen nicht zu vermeiden. Das Ergebnis wird deshalb die Autorität des angeschlagenen Parteichefs weiter schwächen. Gleichwohl profitiert Gabriel noch davon, dass keiner in der Führungsriege der Genossen Interesse an seinem Job und schon gar nicht an der Kanzlerkandidatur hat. Strategisch steckt Gabriel in der Klemme. In der Flüchtlingspolitik bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Kurs der Kanzlerin zu stützen, der von einer Mehrheit der Genossen gebilligt wird. Der SPD-Chef befindet sich deshalb in der kuriosen Lage, sich mit einigem Recht als einzig verlässlichen Partner Merkels in der Regierung zu präsentieren. Eine Position der Nähe, die einen Wettstreit mit Merkel um das Kanzleramt schier aussichtslos erscheinen lässt.

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