Handball-Bundesligist Frisch Auf Göppingen erlebt beim 23:34 gegen die TSV Hannover-Burgdorf zum Saisonauftakt ein Debakel. Hinterher herrscht beim Europacupsieger Ratlosigkeit.

Sport: Jürgen Frey (jüf)

Göppingen - Benjamin Chatton ist ein smarter Typ. Der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf mit Balinger Vergangenheit versuchte den unter Schock stehenden Gastgebern ein wenig Trost zu spenden: „Einen solch dermaßen gebrauchten Tag, hat man nur einmal in der Runde.“ Also hat ihn Frisch Auf Göppingen schon hinter sich. Nach dem ersten von 34 Spieltagen. 23:34 (11:17) hieß in der EWS-Arena. „Da haben wir uns in der Vorbereitung sieben Wochen lang für dieses Spiel den Hintern aufgerissen – und dann lassen wir uns so vorführen“, fasste Linksaußen Marcel Schiller das Debakel zusammen.

 

Frisch Auf fehlen die Grundtugenden

Im Duell des Tabellensechsten der Vorsaison mit dem Siebten der abgelaufenen Runde erübrigte sich eine Einzelkritik. Natürlich war gegen Hannover die Spielsteuerung im Angriff mangelhaft, natürlich hätten die Überraschungseffekte eines Michael Kraus (zum TVB Stuttgart) gut getan, wahrscheinlich sind andere Teams aus dem vorderen Tabellendrittel auf der so wichtigen Achse Torwart-Mitte-Kreis tatsächlich besser besetzt als die Grün-Weißen. Und vielleicht hätte Trainer Magnus Andersson auch durch eine Manndeckung gegen Regisseur Morten Olsen den TSV-Spielfluss etwas stoppen können. Doch an diesem deprimierenden Abend gerieten all diese Aspekte zu Randerscheinungen. Denn Frisch Auf versagte als Kollektiv. Es fehlten die Grundtugenden. Es fehlte Aggressivität (Göppingen kassierte nicht eine Zeitstrafe!). Es fehlte Zweikampfstärke. Es fehlte ein diszipliniertes Rückzugsverhalten. Dafür gab es technische Fehler und unvorbereitete Würfe im Minutentakt. Zu diesem Pleiten-Pech-und-Pannen-Auftritt passte es, dass Frisch Auf es fertig brachte, den Ball zweimal nicht im leeren TSV-Tor unterzubringen. Einmal sprang der Ball vom Innenpfosten zurück ins Feld, das andere Mal ging er knapp am Pfosten vorbei. „Das war unsere schlechtestes Spiel seit Jahren. Wir haben von A bis Z einen rabenschwarzen Tag erwischt“, stellt auch der sportlicher Leiter Aleksandar Knezevic fest.

Warum das so kam? Warum diese eingespielte Mannschaft nach einer ordentlichen Vorbereitung dermaßen versagte? Darauf wusste auch Magnus Andersson keine Antwort: „Ich bin schockiert über unsere Leistung. Wir haben so viele erfahrene Spieler im Team und dann funktioniert nichts“, seufzte der Göppinger Trainer und ergänzte mit leiser Stimme: „Ich kann nur Entschuldigung sagen.“ Entschuldigung sagen bei 4400 Zuschauern, die die klägliche Vorstellung des amtierenden EHF-Pokal-Siegers erstaunliche geduldig ertrugen. Erst beim 20:31 drei Minuten vor Schluss gab es vereinzelt Pfiffe. Nach der Partie herrschte auf den Rängen lähmendes Entsetzen.

Feiertag für die Schwaben Jens Bürkle und Kai Häfner

Hannover freute sich dagegen über einen Tag für die Geschichtsbücher. „Ich kann mich an keinen so hohen Auswärtssieg erinnern“, jubelte der überragende Ex-Göppinger Kai Häfner, mit acht Toren bester Werfer der Recken. Und auch der aus Fellbach-Schmiden stammende TSV-Trainer Jens Bürkle strahlte: „Ich komme schon so viele Jahre nach Göppingen, aber gewonnen hatte ich hier noch nie.“

Für Frisch Auf gilt es nun eine Reaktion zu zeigen – beim Auswärtsspiel bei GWD Minden am kommenden Sonntag (17.15 Uhr). Gegen Hannover bietet sich dann am 26. Oktober auswärts im DHB-Pokal-Achtelfinale die Chance zur Revanche. Den „gebrauchten Tag“ haben die Göppinger laut Benjamin Chatton ja nun hinter sich.