In der Talksendung „Maischberger“ zoffen sich der Linken-Politiker Klaus Ernst und die Grünen-Politikerin Marieluise Beck: Es geht um die Frage nach Waffenlieferungen in die Ukraine – und den Sinn von Sanktionen gegen Russland.

Von einem möglichen Wendepunkt im Ukrainekrieg war in den vergangenen Tagen immer wieder zu hören. Innerhalb von wenigen Tagen hatten die ukrainischen Kräfte große, von Russland besetzte Gebiete im Osten des Landes zurückerobert. Wie aber geht es nun weiter – und wie kann Deutschland der Ukraine am besten helfen? Um diese Fragen ging es am Mittwochabend in der ARD-Talksendung „Maischberger“. Dabei standen nicht nur die konträren Positionen von Grünen und Linken etwa im Hinblick auf Waffenlieferungen im Fokus.

 

Der ukrainische Außenminister jedenfalls sehe in Berlin „kein vernünftiges Argument“ gegen weitere Waffenlieferungen, wie Moderatorin Sandra Maischberger zu Beginn der Debatte anführt. Kommentiert wird das von Ulrich Wickert, dem ehemaligen Tagesthemen-Moderator, von der FAZ-Journalistin Helene Bubrowski und Julie Kurz aus dem ARD-Hauptstadtstudio. Und die drei sind sich erstaunlich einig.

Zögern und Zaudern auf Seiten der Bundesregierung?

Die Bundesregierung wolle alles gleichzeitig, meint Helene Bubrowski: führen und der Ukraine helfen einerseits, und die Kritiker von Waffenlieferungen beschwichtigen andererseits. Eine klare Linie sei nicht erkennbar. Juli Kurz sieht ein „Zögern und Zaudern“ insbesondere bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und spricht von einem „Kommunikationsdesaster“.

Ulrich Wickert indes findet es „ziemlich schrecklich“, wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) argumentiert – und meint damit eine Rede, in der sie sich im Hinblick auf Panzerlieferungen skeptisch zeigt. Auf einem Hof eines Industrieunternehmens stünden hundert Marder-Panzer, die sofort verkauft werden könnten, sagt Wickert ziemlich verärgert: „Wir werden für blöde verkauft.“

Hitzige Debatte zwischen Linken-Politiker und Grünen-Politikerin

Die drei sind sich einig, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen müsse im Hinblick auf das Engagement in der Ukraine. „Wir können nicht immer sagen, die Amis müssen oder vielleicht die Engländer“, findet Ulrich Wickert und spricht von einer Führungsrolle. Das sieht Helene Bubrowski ähnlich, aber nicht im Alleingang: „Es ist an der Zeit, europäisch gemeinsam stärker zu werden.“ Mit Blick auf die Auswirkungen von wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland betont die Journalistin: „Solidarität gibt es nicht zum Nulltarif.“

Über den Sinn und die Folgen, die diese Sanktionen auch in Deutschland haben, diskutieren anschließend der Linken-Politiker Klaus Ernst und die Grüne Marieluise Beck. Während sie erstaunlich ruhig bleibt, echauffiert er sich immer wieder – und kommt mit einigen Aussagen nahe an das heran, womit Linken-Chefin Sahra Wagenknecht zuletzt für Aufregung sorgte.

Linken-Politiker will Sanktionen gegen Russland einstellen

„Wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland haben ja wir gemacht“, sagt Klaus Ernst und redet sich in Rage, er könne die Aufregung um Wagenknechts Rede nicht verstehen. Vielmehr findet er: „Auch wir führen einen Wirtschaftskrieg gegen Russland.“ Auch wenn, wie er mehrfach betont, Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen habe – und dieser Krieg ein Verbrechen sei. Angesichts der Sanktionen sei es aus seiner Sicht „erstaunlich“, dass Russland überhaupt noch so lange Gas geliefert habe. Ernst plädiert dafür, die Wirtschaftssanktionen einzustellen: Während „die Russen an den Sanktionen verdienen“, sagt Ernst, bestehe in Deutschland das Risiko einer „dramatischen Wirtschaftskrise“.

Während Ernst sich kaum zurückhalten kann in der Diskussion, bleibt Marieluise Beck gelassen. Und führt an, dass Russland bereits vor dem Angriff auf die Ukraine nicht mehr so viel Gas geliefert habe – also die deutschen Gasspeicher nicht mehr so befüllt habe, wie vereinbart. Sie sieht darin eine systematische Vorbereitung darauf, Krieg „gegen uns“ zu führen. „Energie als Waffe wurde zunächst von Putin eingesetzt.“

Die Preise für Gas und Öl, fügt Marieluise Beck hinzu, seien schon vor dem Krieg gestiegen – und Deutschland zahle nun dafür, dass es so lange auf Öl und Gas gesetzt und sich von Russland abhängig gemacht habe. Damit habe man auch die russische Aufrüstung mitfinanziert, das könne nicht einfach fortgeführt werden.

SPD-Politiker plädiert für weitere Lieferung schwerer Waffen

Der Linken-Politiker ereifert sich gegen Sanktionen und Waffenlieferungen, die Grünen-Politikerin wirft ihm „Kälte“ vor angesichts der Leiden der Menschen in der Ukraine. „Es geht um die Befreiung von Menschen von Willkür, von Folter, von Vergewaltigung”, betont sie und plädiert dafür, den Ukrainern zuzuhören und ihre Wünsche ernst zu nehmen. Man müsse wissen, gibt sie auch mit Blick auf Verhandlungen als Alternative zu Waffenlieferungen zu bedenken, „wenn man sich auf die Forderungen Putins einlässt, wird dessen Appetit größer“. Davor hätten insbesondere die baltischen Staaten Sorge.

Im letzten Teil der Talksendung plädiert Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) im Einzelgespräch mit Sandra Maischberger für weitere Waffenlieferungen an die Ukraine – gemeinsam mit den europäischen Nachbarn. Zwar habe sie selbst lange hinter dem Satz „Frieden schaffen ohne Waffen“ gestanden. Aber ein Besuch in der Ukraine und Gespräche mit den Menschen dort hätten ein Umdenken in ihr ausgelöst. „Ich glaube die Ukraine muss die Unterstützung haben und ich glaube, sie wären jetzt nicht so weit, wenn wir das nicht schon getan hätten“ sagt Bas und bezieht sich dabei auf die Lieferung schwerer Waffen und die militärischen Erfolge der Ukraine in den vergangenen Tagen. Deshalb sei es wichtig, jetzt nicht nachzulassen.