Debatte über Straßennamen Warum Porschestraße und Porscheplatz in Stuttgart bleiben

In Düsseldorf hat eine Historiker-Kommission empfohlen, elf Straßen mit belasteten Namensgebern umzubenennen – auch die Porschestraße. In Stuttgart ist das trotz des Engagements im Dritten Reich nicht beabsichtigt.
Stuttgart - Die Nachricht, dass in Düsseldorf eine vom Kulturausschuss des Stadtrats beauftragte Kommission von Historikern unter anderem die Porschestraße umbenannt sehen möchte, löst in Stuttgart am Freitag keine hektische Betriebsamkeit aus. Die Rolle von Ferdinand Porsche während des Dritten Reiches ist bekannt in der Landeshauptstadt, auch weil sich immer wieder Diskussionen an ihr entzünden.
Porsche durfte 1934 den deutschen Volkswagen entwickeln. Er galt bald als Hitlers Lieblingskonstrukteur, wurde Mitglied des NSDAP, zum SS-Oberführer ernannt und engagierte sich in Hitlers Rüstungsrat stark in der Kriegsindustrie. Der größte Teil der VW-Stammbelegschaft bestand zeitweise aus Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen. Für Historiker wie Wolfram Pyta ist klar, dass es die Weltmarke so nicht geben würde, wenn Porsche nicht eng mit den Nazis zusammengearbeitet hätte. Der Uniprofessor fand im Zusammenhang mit seiner Studie („Porsche – Vom Konstruktionsbüro zur Weltmarke“) vor drei Jahren aber „keine klaren antisemitischen Taten und Aussagen“.
Auch Porsche gibt Stuttgart weltweite Bedeutung
Für die Historiker in Düsseldorf reicht die Verstrickung, um die Erinnerung an Porsche zu entfernen. Das soll auch zehn andere Personen wie den früheren Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika (Namibia), Theodor Leutwein, ereilen, unter dem das Volk der Nama Raub, Vergewaltigung und Mord zu fürchten hatte.
„Porschestraße und Porscheplatz erinnern nicht an Personen, sondern an das Unternehmen“, begründet der Pressesprecher der Stadt Stuttgart, Martin Thronberens, weshalb die Stadt „nicht beabsichtigt, Porschestraße und Porscheplatz umzubenennen“. Die Firma sei mit dafür verantwortlich, dass „Stuttgart weltweit als bedeutender Unternehmensstandort gilt“, so Thronberens, jedoch: „Die Benennung in Ferry-Porsche-Platz wurde im Hinblick auf dessen Vergangenheit bewusst unterlassen.“ Das war 1998. Theodor Leutwein wurde in Stuttgart 2008 vom Straßenschild genommen.
Museum beschäftigt sich auch mit Drittem Reich
Die Porsche AG will den Vorstoß in Düsseldorf nicht kommentieren. „Das ist die Angelegenheit der jeweiligen Stadt“, sagt Sprecherin Astrid Böttinger. Sie sagt auch: „Wir stehen als Porsche AG zu unserer Vergangenheit.“ Und nennt Beispiele: Erkenntnisse wie jene Pytas lasse man in die Arbeit einfließen, so gehe es im sogenannten Prolog des Museums um die Zeit während des Dritten Reichs; vor Werk 1 hängt eine Gedenktafel für die Zwangsarbeiter; neue Mitarbeiter würden auch mit dieser Vergangenheit bekannt gemacht; mit dem Ferdinand-Porsche-Gymnasium (FPG) habe man einen Workshop zur NS-Zeit veranstaltet; die Ferry-Porsche-Stiftung finanziert an der Uni einen Lehrstuhl für Unternehmensgeschichte.
Erhard Hönes hat sich als ehemaliger Rektor des FPG in Stuttgart-Rot 20 Jahre lang immer wieder mit Porsches Namen und Vergangenheit beschäftigt. Ergebnis: „Er kann Namensgeber für die Schule sein. Er war ein Pionier der Technikgeschichte, und mehr haben wir auch nicht draus gemacht.“ Ein jüdischer Musiker, der die Schule besuchte, habe zu ihm gesagt: „Denkmal heißt, denk mal drüber nach“. Genau dies habe der Schulnamen bei Lehrern und Schülern bewirkt.
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