Viele Ketten bieten mittlerweile Bio-Artikel von Demeter & Co. an – bei den Fachgeschäften ruft das viel Kritik hervor.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Premium-Bioprodukte von Bioland, Naturland oder Demeter gibt es heute in fast jedem Supermarkt – erst vor Kurzem sind Lidl und Bioland eine Kooperation eingegangen. Die Ökoverbände sehen darin die große Chance, raus aus der Nische zu kommen und Bioprodukte für alle zugänglich und erschwinglich zu machen. Das diene der Gesundheit und der Umwelt, lautet das Argument.

 

Doch daran zweifeln viele Fachhändler, die lange Zeit wichtigste Abnehmer der Bioprodukte waren. Susanne Franz betreibt mit zwei weiteren Geschäftsführern in Balingen und Rottweil die Märkte b2 mit integrierten Bistros, einen Demeter-Hof und eine Gärtnerei. Für sie ist Bio mehr als nur die ökologische Erzeugung. Es gehe auch darum, sozial und fair mit den Bauern und Zwischenhändlern umzugehen. Und es gehe um ein regionales Wirtschaften – Franz kauft bewusst bei Bäckern und Metzgern der Gegend ein, um diese zu unterstützen. Bio sei deshalb ein Grundsatz, ja fast eine Weltanschauung, während es bei den Discountern nur ein Label sei: „Bio und Nachhaltigkeit sind dort ein super Marketinginstrument, um Kunden zu locken und zu täuschen“, sagt Franz. Denn der Löwenanteil der Waren in den Discountern stamme weiter aus konventioneller Landwirtschaft; dabei würden die Ressourcen nicht geschont, der Preis spiele die Hauptrolle.

Machen sich die Öko-Bauern abhängig, fragen sich viele

Während Susanne Franz bereits leicht spürt, dass die Discounter ihr Kunden wegschnappen, bleibt Sabine Deutscher in Bezug auf ihr Geschäft gelassen. Die Inhaberin von Rapunzel Naturwaren in Ludwigsburg hat sich schon vor längerer Zeit medizinischen Produkten und der Ernährungsberatung zugewandt. Doch Sorgen macht auch sie sich. Mit drei weiteren Biomärkten – dem Leuchtkäfer in Ludwigsburg, dem Bioladen Müller in Hoheneck und der Sternschnuppe in Asperg – sieht sie vor allem diesen Unterschied zu den Supermärkten: „Wir recherchieren die Hintergründe unserer Hersteller und bieten nur an, was allen unseren Kriterien entspricht.“ Die Discounter dagegen interessiere nur das „grüne Mäntelchen“.

Natürlich haben die Fachhändler eigene Interessen; sie befürchten, dass ihr Marktanteil weiter schwindet, und wehren sich dagegen. Aber sie sind eben auch Experten im Ökomarkt und haben viele Fragen: Wird es einen gerechten Preis geben? Wo wird die Ware herkommen? Für Susanne Franz ist auch unklar, wie die großen Mengen, die die Discounter benötigen, überhaupt produziert werden sollen. Christian Eichert, der Geschäftsführer von Bioland Baden-Württemberg, hält dagegen. Erstens gebe es Bioland nur in Deutschland und Südtirol; die Herkunft der Ware sei also eindeutig. Und zweitens kämen jährlich zehn Prozent an neuen Höfen dazu: „Wir brauchen sogar die neuen Strukturen, um die Mehrmengen vermarkten zu können.“

Umsatz bei Bio-Fachhändlern ist weiter gestiegen

Elke Röder, die Geschäftsführerin des Bundesverbands Naturkost und Naturwaren, vertritt 200 Mitglieder, große wie kleine. Sie hält die Kooperationen grundsätzlich für falsch: Es gehe bei Bio letztlich darum, dass sich die Menschheit an die planetaren Grenzen hält, es gehe pathetisch gesprochen um die Rettung der Erde. Die Discounter hätten einen anderen Fokus. „Warum zahlen sie nicht für alle Produkte auskömmliche Preise?“, fragt Röder; damit könnten sie zeigen, dass sie es ernst meinten. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz aber auch in den Biomärkten im mittleren einstelligen Bereich gestiegen: „Wir vertrauen auf unsere urteilsstarken Kunden, die mehr wollen als nur günstige Preise.“