In mehreren Ländern scheint sich die Zahl der Corona-Neuinfektionen zu stabilisieren. Einige Wissenschaftler sehen den Höhepunkt erreicht. Doch wann ist es sicher, die Beschränkungen des öffentlichen Lebens aufzuheben?

Bangkok - Angesichts einer wahrgenommenen Verlangsamung der Coronavirus-Pandemie gewinnt die Diskussion um eine Lockerung der Einschränkungen an Fahrt. Während die Entwicklung in Japan und Indonesien durchaus Sorge bereitet, gibt es derzeit keinen explosionsartigen Anstieg an Einlieferungen ins Krankenhaus, wie es zuvor in China, Italien, Spanien oder Teilen der USA gewesen war. In großen Teilen der Welt sind Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen oder -sperren in Kraft.

 

Sebastian Johnston zufolge, einem Professor für Lungenheilkunde am Imperial College London, hat die Krankheit in weiten Teilen Europas, darunter Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien, wahrscheinlich den Höchststand erreicht.

Ein zu früher Ausstieg aus den Schutzmaßnahmen könnte jedoch zu einem erneuten Ausbruch führen, wodurch bisherige Anstrengungen umsonst gewesen wären, warnen Gesundheitsbehörden. Trotzdem gibt es Anzeichen, dass einige Länder sich in diese Richtung bewegen.

Ein Überblick:

Spanien

Arbeiter in Fabriken und auf dem Bau dürfen seit Montag wieder zur Arbeit gehen, während die meisten Geschäfte und Dienstleistungsanbieter weiterhin geschlossen haben. Wer kann, muss von Zuhause arbeiten. Einige Gesundheitsexperten und Politiker halten eine Erleichterung der Ausgangssperre für verfrüht. In Spanien gibt es mehr als 17 750 Tote und mehr als 170 000 Infektionen. Gesundheitsminister Salvador Illa will mit „der größten Vorsicht und Besonnenheit“ auf Grundlage wissenschaftlicher Daten vorgehen.

Italien

Die Zunahme der Infektionen war jüngst eine der niedrigsten der vergangenen Wochen. Im Zuge von Lockerungen sollten beispielsweise Läden mit Artikeln für Eltern und Neugeborene wieder öffnen.

Indonesien

Anders als in Spanien und Italien verzeichnet der Staat mit der viertgrößten Bevölkerung der Welt eine besorgniserregende Zunahme an Infektionen in den vergangenen Wochen, obwohl von den 270 Millionen Menschen lediglich 30 000 getestet wurden. Die Regierung in Jakarta bestätigte 4557 Infektionen und 399 Todesfälle, die meisten Toten in Asien nach China. Nach Wochen der Verzögerung hatte die Regierung am Freitag Maßnahmen gegen die Verbreitung eingeführt. Präsident Joko Widodo hatte zuvor zugegeben, Informationen zu Covid-19-Fällen zurückgehalten zu haben, um eine Panik zu verhindern.

Japan

Auch in dem Land mit der ältesten Bevölkerung der Welt wurde eine besorgniserregende Zunahme verzeichnet. Am Dienstag wurden 390 Neuinfektionen gemeldet.

Singapur

Das kleine Land war zu Beginn wegen seines anfänglichen Erfolgs bei der Eindämmung des Virus gefeiert worden. Am Dienstag meldete es allerdings die höchste Zunahme an Infektionen innerhalb eines Tages, die meisten in Verbindung mit ausländischen Arbeitern. In Singapur leben mehr als 200 000 Arbeitsmigranten in Schlafsälen, die sich bis zu 20 Menschen teilen.

USA

Gouverneure an beiden Küsten kündigten an, zu gegebener Zeit gemeinsam und koordiniert über die Maßnahmen zu entscheiden. Selbst in New York erklärte Gouverneur Andrew Cuomo, das „Schlimmste ist vorbei, wenn wir weiterhin smart bleiben“. Es zeichnete sich jedoch bereits ein Konflikt ab. Präsident Donald Trump versicherte, er sei der ultimative Entscheidungsträger wenn es darum gehe, wann und wie wieder zur Normalität zurückgekehrt werden soll.

Ob sich das Virus mit der gleichen Grausamkeit wie in einigen Industrieländern auch andernorts ausbreitet, bleibt abzuwarten. Die Infektionsrate scheint in Teilen der Entwicklungsländer mit einem schlechten oder inexistenten Gesundheitssystem relativ niedrig zu liegen. Mike Ryan, Notfalldirektor der Weltgesundheitsorganisation, warf jedoch die Frage auf, ob das Virus tatsächlich in einigen Teilen der Welt nicht angekommen sei, „oder entdecken wir die Krankheit nicht, wenn sie da ist?“.