Nachdem Studenten der Uni Stuttgart ihre Entwürfe für eine Interimsoper in der City präsentiert haben, legt die Rathausspitze nun Argumente gegen eine Spielstätte im Oberen Schlossgarten vor.

Stuttgart - Am Donnerstag haben sich die Mitglieder des Verwaltungsrats der württembergischen Staatstheater vor Ort ein Bild von den möglichen Standorten für eine Interimsoper gemacht. Just am gleichen Tag hatten Studenten der Universität Stuttgart Ideenskizzen für eine Übergangsspielstätte im Oberen Schlossgarten öffentlich gemacht und damit eindeutig für einen der drei zur Entscheidung stehenden Flächen Position bezogen. Der geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks lobte prompt „ den Ernst und die Tiefe der Entwürfe“. An der Rathausspitze und im Kunstministerium fühlt man sich dagegen eher überrumpelt, wussten doch weder Ministerin Theresia Bauer noch OB Fritz Kuhn noch Baubürgermeister Peter Pätzold (alle Grüne) von der Veröffentlichung der Entwürfe.

 

Am Freitag hat nun die Stadtverwaltung ihrerseits ein Massenmodell für eine Interimsoper am oder im Eckensee vorgestellt – basierend auf den bisher bekannten Anforderungen der Staatstheater an ein solches Provisorium. Die Visualisierung fällt deutlich weniger filigran aus als jene aus dem Uni-Institut Baukonstruktion und Entwerfen. Deutlich wird, wie ein solcher bis zu 35 Meter hoher Bau das Erscheinungsbild des Oberen Schlossgartens beeinträchtigen würde. Hinzu kommt, dass die stadtinternen Prüfungen bestätigt haben, dass der Eckensee, aber auch die Grünflächen im Park für das Stadtklima von großer Bedeutung sind. „Die Aufheizung der City lässt sich nicht stoppen, wenn wir solche Flächen wenn auch nur temporär bebauen“, heißt es aus der Abteilung Stadtklimatologie. Ein Blick in den Klimaatlas der Region zeigt: Die Klimaexperten weisen den Oberen Schlossgarten einschließlich des Sees als „Freiflächen mit bedeutender Klimaaktivität“ aus, die auf Nutzungsänderungen empfindlich reagieren.

Oberer Schlossgarten würde auf Jahre hinaus zur Großbaustelle

Auch die Abteilung Denkmalschutz, die der Opernintendanz bei der Aufweitung des Südflügels des Großen Hauses in Richtung Landtag schon entgegen gekommen ist, will diesmal hart bleiben, heißt es: Der gesamte Obere Schlossgarten einschließlich des Eckensees stehe unter Denkmalschutz. Hinter den Kulissen geht der Streit um den besten Interimsstandort also weiter. Bis zur definitiven Entscheidung des Verwaltungsrats im November werden Kritiker und Befürworter des Standorts Eckensee wohl noch manches Argument für ihre jeweilige Position ins Feld führen. Während etwa die Opernintendanz die Citynähe einer Übergangsspielstätte zum Dogma erklärt, sehen andere wie der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), aber auch Grüne und Linke im Gemeinderat vor allem die klimatologischen und atmosphärischen Nachteile einer Eckensee-Oper. Der BUND hat für den Fall einer Entscheidung für den Eckensee bereits mit einem Bürgerbegehren gedroht, und auch das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Parkschützer-Initiative haben bereits entschiedenen Widerstand gegen eine weitere Großbaustelle im Schlossgarten angekündigt. Wenn die Oper ab 2021/2022 saniert wird und zudem die Übergangsspielstätte am Eckensee erstellt würde, müssten nicht nur Bäume gefällt oder versetzt werden – der Bereich würde auch durch Baustelleneinrichtungen und -zufahrten in Beschlag genommen.

Die Fronten der Auseinandersetzung verlaufen analog des Konflikts über das Bahnprojekt S 21. Die Ratsmehrheit, die den Prüfauftrag für den Eckensee durchgesetzt hat und am Ende möglicherweise den Standort durchsetzt, ist jene, die auch den Tiefbahnhof befürwortet hat: CDU, SPD, Freie Wähler und FDP mit Unterstützung der AfD. CDU-Fraktionschef Chef Alexander Kotz plädiert ebenso für einen innerstädtischen Interimsstandort wie sein SPD-Kollege Martin Körner: Die Entwürfe der Studenten zeigten, so Körner, dass eine Ersatzspielstätte für die Oper im Zentrum möglich sei.

Unterdessen teilte das Finanzministerium mit, der Standort im Innenhof des Finanzamts sei auch deshalb nicht weiter untersucht worden, weil es dort 59 Bäume gebe, von denen 41 unter die städtische Baumschutzsatzung fielen.