In der Fußball-Welt wird hitzig diskutiert, wer der beste Spieler zwischen den Pfosten ist: Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona oder Jan Oblak von Atletico Madrid? Am Mittwoch wollen beide in der Champions League ihr Können zeigen.

Barcelona - Iker Casillas spielt immer noch Champions League, beim FC Porto, und es gibt nicht wenige, die ihn nach überstandenem Karriereknick mit seinen 37 Jahren wieder für den besten spanischen Torsteher halten. Sowieso unbestritten ist der fünffache Welttorhüter eine Koryphäe auf seiner Position. Als solche wurde er dieser Tage auch zu einer Debatte befragt, die das Land umtreibt, wenn es mal nicht um die Krise von Real Madrid, die Sehnsucht nach Cristiano Ronaldo oder die Verletzung von Lionel Messi geht. Welcher Keeper ist besser, Marc-André ter Stegen, 26, vom FC Barcelona, oder Jan Oblak, 25, von Atlético Madrid? Casillas blieb diplomatisch neutral, er verriet nur so viel: „Beide scheinen mir derzeit die zwei besten“ – der Welt.

 

Weitere Aufschlüsse wird am Mittwoch die Champions League liefern. Ter Stegen ist gegen Inter Mailand gefordert, nachdem er Barça mit zwei wundersamen Doppelparaden am Wochenende gegen Sevilla die Eroberung der Tabellenspitze ermöglichte. Erst parierte er beim Stand von 2:0 einen perfekten Kopfstoß von André Silva und den direkten Nachschuss von Franco Vázquez, dann bei 3:1 gegen den frei stehenden Pablo Sarabia und den zweiten Versuch von Wissam Ben Yedder.

Als ter Stegen, , der auch schon als „Messi mit Handschuhen“ bezeichnet worden war, sich danach zum Abstoß bereit machte, erhielt er eine Ovation in der Lautstärke, wie sie im Camp Nou sonst nur Messi zuteilwird.

Carles Puyol feiert ihn auf Twitter

Zum „Mann des Spiels“ erkor ihn der gegnerische Trainer Pablo Machín, „er hat uns die Kohlen aus dem Feuer geholt“, erklärte sein eigener Boss Ernesto Valverde, auf Deutsch („Danke“) feierte ihn bei Twitter die Barça-Ikone Carles Puyol, als „Phänomen“ bezeichnete ihn Mitspieler Clement Lenglet, der festhielt: „Alle Welt weiß, dass er einer der Besten, wenn nicht der Beste ist.“ Alle Welt außer vielleicht der Nationaltrainer und viele Experten in ter Stegens Heimatland Deutschland.

Die werden dafür Oblak sehen, denn der spielt mit Atlético in Westfalen vor. Die BVB-Offensive, mit 27 Ligatoren erfolgreicher als jede andere in Europas großen Divisionen außer der von Paris, trifft auf einen Torwart, der gerade von einer sensationellen Leistung beim 1:1 in Villarreal kommt und eine sagenhafte Statistik aufweist: Er hat in seinen 125 Partien spanischer Liga öfter zu null gespielt (73- mal)als hinter sich greifen müssen (72 Gegentore). Als „muro esloveno“ firmiert der 25-Jährige aus der Kleinstadt Bischoflack in der Presse: „Die slowenische Mauer“.

In jeder der letzten drei Spielzeiten war Oblak der am wenigsten bezwungene Torwart Spaniens. Er macht zum einen weder Fehler noch Zirkusnummern, überzeugt zum Zweiten in der Luft – Problemzone vieler aktueller Spitzentorhüter – und streut drittens regelmäßig spielentscheidende Paraden ein. In Villarreal etwa spitzelte er Carlos Bacca den Ball in der Schlussphase selbst dann noch vom Fuß, als der ihn eigentlich schon umkurvt hatte. „Jan ist der Beste der Welt, er zeigt es in jedem Spiel“, sagt Atléticos Antoine Griezmann. Im Vergleich zu ter Stegen darf er dabei getrost als konservativer Keeper bezeichnet werden. Nichts anderes ist verlangt bei Atlético, das von Oblaks Paraden, den Geistesblitzen Griezmanns und der disziplinierten Ordnung dazwischen lebt.

Zwei Torhüter – zwei Philosophien

Wo ter Stegen beim stilistisch gegensätzlichen Barça als erster Regisseur fungiert und die Kugel dabei bisweilen mit atemberaubender Leichtigkeit manövriert, hält der Slowene einfach Bälle. Die bisherigen Saisonstatistiken der spanischen Liga demonstrieren die unterschiedlichen Profile eindrucksvoll. Oblak pariert 82,7 Prozent aller Schüsse, ter Stegen nur 68,5 Prozent. Das hat allerdings auch damit zu tun, dass die momentan sehr löchrige Barça-Defensive oft besonders klare Chancen zulässt. Umgekehrt bringt ter Stegen 83,89 seiner Passversuche zu einem Mitspieler, Oblak jedoch nur 48,02 Prozent. Was wiederum daran liegt, dass Atlético häufig mit langen Abschlägen operiert.

Wo Marc-André ter Stegen die Jugend seines Heimatclubs Borussia Mönchengladbach durchlief, wurde Jan Oblak mit zehn Jahren zufällig von Olimpija Ljubljana entdeckt, als er bei einem Spiel seines Vaters Matjaz, eines Amateurtorwarts, zum Zeitvertrieb ein paar Schüsse seiner Schwester parierte. Schon mit 16 avancierte er zum Stammkeeper der Profis, mit 17 wechselte er zu Benfica Lissabon, und mit 21 kam er 2014 nach Madrid – im selben Sommer wie der gut acht Monate ältere ter Stegen nach Barcelona. Geht es so weiter wie momentan, wird ihr Duell die Debatten noch einige Jahre bestimmen.