Eine aktuelle Datenauswertung für unsere Zeitung zeigt: Auch in Zeiten der Coronakrise halten die Netze stand, die Zahl der Störungsmeldungen ist kaum gestiegen. Zum Nadelöhr wird allerdings die letzte Leitung ins Haus.

Geld/Arbeit: Daniel Gräfe (dag)

Stuttgart - Auf dem Störungsmelder allestörungen.de machen sich die Nutzer über ihre Netzbetreiber Luft: „Scheiß Vodafone“ ist noch eine der gemäßigten Formulierungen, wenn es um Netzausfälle oder ein langsames Internet geht. Tatsächlich werden für die Webseite, die zu dem US-Unternehmen Ookla gehört und automatisiert weltweit Störungen sammelt, hauptsächlich Störungen im Festnetz-Internet gemeldet. Das scheint zu den veränderten Surf-Gewohnheiten in Deutschland zu passen: Schließlich surfen Angestellte und auch Schüler verstärkt vom heimischen WLAN aus. Muss es da nicht zu mehr Engpässen kommen?

 

Jan Kluczniok, Chef vom Dienst bei Netzwelt.de, gibt vorsichtig Entwarnung. Das Online-Magazin betreibt einen der größten Echtzeit-Störungsmelder im deutschsprachigen Raum und hat für unsere Zeitung die aktuellen Daten ausgewertet: Demnach treten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum vermehrt Störungen im ländlichen Raum auf. Nach wie vor werden aber die meisten Störungen in den Großstädten gemeldet, die die Netzbetreiber Vodafone, Telekom oder Telefónica gleichermaßen betreffen. Einen wesentlichen Unterschied zu den Zeiten vor der Corona-Krise erkenne er allerdings nicht. Deshalb stimme er auch den Aussagen der Netzbetreiber zu, dass es bisher zu keinen Überlasten oder Einschränkungen des Netzverkehrs gekommen ist: „Die großen deutschen Provider und Knotenpunkte scheinen trotz des gigantischen Mehraufkommens bestens gerüstet“, so Kluczniok.

Die Netzbetreiber streiten Überlastungen auf der letzten Meile ab

Allerdings hat es laut Analyse in den vergangenen Tagen mehr kleinere und regional beschränkte Ausfälle gegeben. „Das führen wir vor allen Dingen auf Engpässe in der letzten Meile zurück. Wo vorher die Bandbreite ausgereicht hat, sitzen jetzt 20 Telearbeiter an einem Strang“, so Kluczniok. Die letzte Meile ist die Leitung, die zum Hausanschluss führt, und gilt neben dem heimischen WLAN-Router als Flaschenhals.

Telekom, Telefónica und Vodafone bestreiten auf Anfrage aber, dass es hier derzeit zu Überlastungen komme. Ihnen stimmt auch der IT-Branchenverband Bitkom zu.

Die Kommentatoren auf den Störungsmeldung-Webseiten wird das kaum besänftigen. Aber recht häufig, hat Kluczniok festgestellt, sei eine vermeintliche Störung gar keine. Da werde geklagt, dass im heimischen WLAN der Laptop nicht gehe, das Handy funktioniere aber – ein Widerspruch. Oder dass man nicht auf Netflix komme, obwohl das eigentliche Problem ein falsch figuriertes Tablet war. „Die Wahrnehmung der Internetnutzer ist oft selektiv“, meint Kuczniok. „Man sollte, bevor man sich aufregt, die eigenen Fehler überprüfen.“