Die Umnutzung der historischen Immobilie gestaltet sich aus vielerlei Gründen als sehr schwierig.

Stuttgart-Degerloch - Da geht nichts anderes“, sagt Sven Matis, Sprecher der Stadt Stuttgart, knapp. Mit „da“ meint er Degerloch, genauer gesagt die Immobilie auf dem nördlich an die Jahnstraße grenzenden Bopser. Mit „nichts anderes“ drückt er stark verkürzt die Tatsache aus, dass der einst so schmucke Wasserturm als ein Denkmal der Wasserversorgung quasi unverändert erhalten bleiben muss. Eine Umnutzung des 28 Meter hohen Turms, an dem seit Jahren der Zahn der Zeit erheblich nagt, ist nach der Einschätzung der unteren Denkmalschutzbehörde nicht oder nur unter extremen Auflagen möglich.

 

Seit der Inbetriebnahme des neben dem Turm errichteten deutlich größeren Trinkwasserbehälters der EnBW wird der von 1912 bis 2008 genutzte Wasserturm nicht mehr als Wasserspeicher eingesetzt. Die EnBW versucht seither, die historisch bedeutende Immobilie zu verkaufen – das Unterfangen war bislang aber nicht von Erfolg gekrönt. Zwar stehe man mit Interessenten im Dialog und hoffe darauf, bald zu einem Abschluss zu kommen, sagt der EnBW-Sprecher Jörg Busse. Ob und wann dies aber wirklich gelingt, vermag er nicht zu sagen.

Die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold würde sich freuen, wenn es der EnBW endlich gelänge, „den wirklich schönen Turm“ einer neuen Nutzung zuzuführen. Sie weiß aber nur zu gut, „dass die Parameter dafür so schlecht sind, dass selbst Liebhaber als Interessenten immer wieder abspringen“. Im Bezirksbeirat werde regelmäßig über das Thema gesprochen „und auch das Gremium wäre glücklich, wenn sich endlich etwas zum Positiven verändern würde“, sagt Brigitte Kunath-Scheffold.

„Es gibt schon seit Jahren viele Interessenten“

„Ich habe mir damals natürlich auch Gedanken gemacht, wie der Turm weiter genutzt werden könnte“, erzählt die Bezirksvorsteherin. So hätte sie sich gut vorstellen können, dass die Musikschule Stuttgart das Gebäude nutzt. „Doch wer hätte den Umbau bezahlen sollen?“, fragt sie und verweist auch darauf, dass es dort auch keine Stellplätze gibt. Ganz abgesehen von anderen Ausschlusskriterien: so liegt das Gebäude im Außenbereich und in einem Landschaftsschutzgebiet. Das lässt wenig Spielraum für eine Umnutzung.

Nach Paragraf sechs des Denkmalschutzgesetzes besteht für die Eigentümer eine Unterhaltungspflicht für ausgewiesene Denkmale. Sie sind, so heißt es in dem Gesetzestext, „im Rahmen des zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln“. Die EnBW wird dem Erhaltungsanspruch zumindest dadurch gerecht, dass sie den Turm inzwischen vor Vandalismus schützt, indem sie einen Bauzaun um das Gebäude errichtet hat.

Mit diesem Zaun wird sie aber auch der Verkehrssicherungspflicht gerecht. Denn der Zaun schützt Passanten vor möglicherweise herabfallenden Ziegeln. Der Zustand der Immobilie hat sich schließlich in den vergangenen Jahren alles andere als verbessert. Dies sorgt bei vielen Degerlochern für Unverständnis. Ein Schild am Zaun warnt denn auch: „Betreten der Baustelle verboten! Eltern haften für ihre Kinder!“

„Grundsätzlich gibt es für den alten Wasserturm schon seit Jahren viele Interessenten“, weiß die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold. Immer wieder würde sie solche auch an die EnBW vermitteln. Die sei ja inzwischen auch dazu bereit, die Immobilie „günstig abzugeben“. Anfangs hatte auch die Stadt Stuttgart ein Interesse am Erwerb des ehrwürdigen Wasserturms signalisiert, der fast 100 Jahre lang der Versorgungssicherheit gedient hat. Heute sei an einen Kauf der Immobilie durch die Landeshauptstadt aber nicht mehr zu denken. „Wir als Stadt werden den Turm sicher nicht kaufen“, sagt denn auch Sven Matis als Sprecher der Stadt. Wenn, dann müsste aus den Reihen des Gemeinderats ein entsprechender Antrag kommen. Woher die Mittel für den Kauf und eine mögliche Instandsetzung aber kommen sollten, müsste dann ebenfalls deutlich gesagt werden.

Der denkmalgeschützte Wasserturm bei Degerloch

Der denkmalgeschützte Wasserturm bei Degerloch

Begründung: Der Degerlocher Wasserturm steht unter Denkmalschutz. Er ist ein "polygonaler unverputzter Ziegelbau, vertikal betont durch farbige Kontraste des Mauerwerks", heißt es in der Denkmalbegründung. "Das Wasser wird in einem für die Bauzeit fortschrittlichen Stahlbetonbehälter gespeichert." Das "öffentliche Interesse an seiner Erhaltung" ist laut der Begründung vor allem dem "weitestgehend original überlieferten Bau" geschuldet, der ein "technikgeschichtliches Dokument darstellt".

Technische Daten: Der Turm wurde in den Jahren 1911 und 1912 im Auftrag der Filderwasserversorgung auf einem Areal der Gemarkung Stuttgart Süd an der direkten Grenze zu Degerloch nach Plänen des städtischen Hochbauamtes erbaut. Das Gebäude ist 28 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 10,90 Metern. In dem Behälter wurden bis zu 400 Kubikmeter Trinkwasser gespeichert.