Von den Organisatoren hat wohl niemand geglaubt, das Omas Vergesslichkeit so viel Interesse wecken könnte. Mit der Demenz-Kampagne ist gelungen, bei 20 Veranstaltungen etwa 1000 Menschen das Thema näher zu bringen.

Gerlingen - Es ist ein Kraftakt gewesen – aber einer, mit dem ein Thema in den Mittelpunkt gerückt wurde, das sonst eher verschämt um- und gespielt wird: Demenz. Also die Alzheimer-Krankheit. Die gibt es zwar schon lange („Oma wird halt ein bissle vergesslich“), sie wird aber immer besser erforscht. In Gerlingen haben dazu seit Mitte September in zehn Wochen 20 Veranstaltungen stattgefunden – mit zusammen mehr als 1000 Besuchern. Mit dieser Massierung wurde dem Thema ein Stück weit das Stigma genommen.

 

Die Teilnehmer lernen viel über die Krankheit

„Es ist keine Schande, an Alzheimer zu erkranken. Und es ist sehr lobenswert, wenn Angehörige sich kümmern. Sie müssen aber rechtzeitig Hilfe holen, um nicht selbst zugrunde zu gehen.“ Das war die Botschaft, die eine Truppe von 16 Amateurtheaterspielern mit ihrer Regisseurin Christine Kunzendorf am Mittwoch zum Abschluss der Kampagne auf die Bühne brachte. In der Jahnhalle saßen 200 Besucher, und nicht nur der Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Senioren war begeistert. Stefan Fritzsche: „Die Veranstaltung war der krönende Abschluss.“ Dies habe auch Martina Koch-Haßdenteufel, die Erste Beigeordnete der Stadt, so ausgedrückt. Sie stellte zusammenfassend dar, welche Hilfsangebote es in Gerlingen gibt, für Erkrankte wie für Angehörige.

Zu etlichen Veranstaltungen seien 60, 70 oder noch mehr Besucher gekommen, berichtete Loredana Wachter, mitverantwortlich für das Programm – und führte als Beispiel die über die Patientenverfügung oder zu einer Filmvorführung auf. Zur Lesung von Tilmann Jens aus seinem Buch über die Erkrankung seines Vaters Walter Jens kamen noch mehr Interessierte. Flops habe es gar nicht gegeben. Und die Simulation einer Demenzgruppe, so war zu hören, war für die Teilnehmer lehrreich, anrührend und spannend zugleich. Sollte man die Demenz-Kampagne wiederholen? „Ich würde es auf jeden Fall nochmals machen“, sagt Wachter. Die Schauspieler wurden, berichtet Fritzsche, auch gefragt, ob sie ihr Stück nochmals aufführen wollen.

Die Stadt plant die Demenz-WG

Auf jeden Fall weiter betrieben wird die Planung für die Demenz-Wohngemeinschaft in der Jahnstraße 7. „Wir wollen die Konzeption intern fortschreiben“, sagt Fritzsche. Wie berichtet, arbeitet das Stadtbauamt an entsprechenden Plänen; rund eine Million Euro steht wohl zur Verfügung, um im Haus Platz für acht bis zehn Bewohner zu schaffen. Davon muss die Stadt 400 000 Euro selbst aufbringen, der Rest sind Zuschüsse. Es stellten sich auch die Fragen, so Fritzsche, wie eine solche Einrichtung rechtlich eingestuft wird und welche Rolle die Stadt übernehme. Das könne eine Mietergemeinschaft sein; es müsse auch geklärt werden, ob das Haus den Status eines Heimes erhalten müsse und wer in diesem Fall der Träger sein könne. „Wir warten ab, bis das entsprechende Gesetz klar ist“, sagt Fritzsche. Der Sozialausschuss will im Januar eine bestehende Einrichtung in Kirchheim/Teck besuchen.