Monika Amann hat über viele Jahre als Fachberaterin ein absolutes Tabuthema, Demenz, ins Bewusstsein gerückt und ein Hilfsnetzwerk aufgebaut. Nun ist sie in den Ruhestand gegangen.

Rems-Murr-Kreis - „Da haben sich zwei gesucht und gefunden“ sagt man über ein Traumpaar, ein Duo, das optimal zusammenpasst. Monika Amann benutzt die Redensart, wenn sie über das Thema spricht, das sie viele Jahre ihres Berufs- und Privatlebens beschäftigt hat: Demenz. Fast 20 Jahre lang war die Murrhardterin, die nun im Ruhestand ist, im Landratsamt als Demenzfachberaterin aktiv – zu Beginn ihrer Tätigkeit als Erste weit und breit.

 

Die Erkrankung Demenz war damals ein absolutes Tabuthema. Eines, um das sich aber dringend jemand kümmern sollte, waren sich der frühere Leiter des Kreissozialamts, Harald Deiß, und Werner Geiser von der Altenhilfefachberatung im Landratsamt einig. So wurde eine Stelle für die Demenzfachberatung ausgeschrieben, auf die sich die Krankenschwester Monika Amann als Quereinsteigerin bewarb. „Eigentlich war der Job für Sozialpädagogen gedacht“, erzählt Monika Amann, die sich beruflich verändern wollte und im Zuge einer Weiterbildung intensiv mit Demenz beschäftigt hatte. Dass sie die Stelle bekam sei „wie ein Sechser im Lotto“ gewesen, sagt sie Jahre später.

Eine Riesenaufgabe und Wahnsinnschance

Die beiden Initiatoren hätten bei der Stelle eigentlich ein klassisches Beratungsangebot im Kopf gehabt. Doch der frischgebackene Landrat Johannes Fuchs hatte anderes im Sinn, er wollte eine Fachberaterin, die das Thema hinaus, zu den Leuten im Landkreis bringt. „Ich habe damals erst geschluckt und mich gefragt, was ich jetzt mache. Aber dann habe ich die Aufgabe als Wahnsinnschance erkannt, ich durfte die Stelle entwickeln und aufbauen“, erinnert sich Monika Amann.

Ihr Büro verwandelte sich in eine große Pinnwand. Wände und Schränke waren übersät mit Zetteln, auf denen Ideen für Projekte standen. „Meine Arbeitsweise war für das Landratsamt sehr ungewöhnlich und ich selbst für die Kollegen gewöhnungsbedürftig“, sagt Monika Amann und lacht. Sie erinnert sich noch gut daran, wie der Sozialamtsleiter sie nach rund drei Wochen Tätigkeit zu sich ins Büro rief und klagte: „Frau Amann, Frau Amann, was hen Se mir da wieder für a Eile g’legt?“

Auf die Unterstützung von Landrat und Sozialamtsleiter konnte die exotische neue Mitarbeiterin dennoch zählen. „Sie haben mich machen lassen, ich hatte einen großen Vertrauensvorschuss“, zieht Monika Amann Bilanz. Ihren Job hat sie geliebt, allerdings: „Die Hierarchien in der Verwaltung waren mir bis zum letzten Tag ein Buch mit sieben Siegeln.“

Viele Angebote haben sich etabliert

Unzählige Konzepte hat Monika Amann entwickelt und geschrieben. Und es gibt wohl nahezu keine Ortschaft im Rems-Murr-Kreis, in der die heute 61-Jährige nicht mindestens einmal zu Gast war, um über Demenz zu informieren. Solche öffentlichen Veranstaltungen hätten viel dazu beigetragen, dass Demenz inzwischen weniger tabubehaftet sei, sagt Monika Amann, die den größten Erfolg ihrer Arbeit darin sieht, dass sich viele Angebote mittlerweile etabliert haben.

Die Demenzfachberaterin klopfte anfangs erst bei Pflegeeinrichtungen an, dann bei Banken, Einzelhandel, Handwerk. Sie sprach bei der Betriebsversammlung der Polizei – und beriet infolge ihres Vortrags viele Polizisten zum Umgang mit der Demenz.

Rainer Kortus, ehemals Chefarzt der Abteilung für Gerontopsychiatrie am Zentrum für Psychiatrie Winnenden, wurde ihr Mentor, bis heute sind beide im Vorstand der Alzheimer Gesellschaft tätig. „Durch ihn bin ich in andere Kreise gekommen und habe Menschen kennenlernen dürfen, von denen ich unendlich viel lernen konnte“, sagt sie.

Der Aufbau ehrenamtlicher Angebote war Monika Amann wichtig: Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz, Gesprächskreise für Angehörige – heute eine Selbstverständlichkeit – gab es zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht. Vor 20 Jahren seien Familien allein gelassen gewesen, sagt Amann – nun gebe es zum Glück ein breites professionelles und ehrenamtliches Angebot, allerdings sei die Situation auch damit noch schwer genug für Angehörige.

Lieblingsbaby betreuter Urlaub

Ihr Lieblingsbaby unter all den Projekten ist der „Betreute Urlaub“. An Demenz Erkrankte und die sie Pflegenden verbringen fünf Tage mit Rund-um-die-Uhr-Betreuung in Lutzenberg. „Ich wollte damit beweisen, dass ein guter und glücklicher Umgang mit Menschen mit Demenz möglich und die Situation nicht nur furchtbar ist“, sagt Monika Amann. Das Verständnis vieler Menschen für die Krankheit sei größer geworden, findet die Expertin, deren Wunschtraum eine Demenzstation in der Winnender Klinik wäre.

„Es gibt noch viel zu tun, und man muss am Thema dranbleiben“, sagt Monika Amann. Das übernehmen im Landratsamt Thomas Herrmann, Mirjam Weisser und Christian Müller. „Frischer Wind tut immer gut“, findet Monika Amann, die im Ruhestand weiterhin einige Familien mit Demenzkranken betreut und einen Gesprächskreis für Angehörige leitet.