Zum sechsten Mal hat die Initiative „Rettet das Metropol“ zur Kundgebung vor das einstige Festivalkino in der Bolzstraße geladen, um für einen spartenübergreifenen Kulturort zu demonstrieren.

Stuttgart - 4798. So viele Menschen hatten bis zum 31. März bei der Petition „Rettet das Metropol“ unterschrieben. Doch an den Mann, sprich Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper, konnte sie Goggo Gensch noch nicht bringen. „Er hat gerade wohl viele Termine“, bemerkte der Filmemacher und Kurator, der die Initiative startete, auf der 6. Kundgebung zum Erhalt des einstigen Kinos als Ort der spartenübergreifenden Kunst, des Films und des Dialogs. „Wir lassen nicht locker.“

 

Das sahen auch die über 100 Unterstützerinnen und Unterstützer so, die sich vor dem Metropol eingefunden hatten. Coronakonform – oder wie Moderator Joe Bauer betonte: „Wir rücken in den Köpfen zusammen, aber halten körperlich Abstand. Wir zeigen Gesicht, aber tragen Maske.“

In dem mittlerweile ausgebeinten Gebäude hinter der denkmalgeschützten Fassade müsse es zukünftig um Vielfalt, Austausch und Begegnung gehen, ein „Arthouse der Kulturen“ entstehen. Denn Kultur meine nicht Betrieb, sondern bedeute Lebensweise.

Ein Damoklesschwert schwebt über den einstigen historischen Stuttgarter Hauptbahnhof, der ab 1926 als UFA-Palast grandiose Filmpremieren bot: Es könnte zur Kletterhalle werden. Die Eigentümerin, Union Investment, liebäugele noch mit dem lukrativen Vertrag, den sie „wohl ohne Wissen der Stadt“ mit einem Boulderunternehmen abgeschlossen habe. Bei der Stadt und im Gemeinderat sprach man sich dafür aus, das Kino als Kulturort zu erhalten. Auch nach Alternativorten für die Kletterer wurde gesucht. Die hätten sich allerdings, so wurde Gensch kolportiert, für keines der angebotenen fünf Objekte bisher erwärmen können. „Die beste Lösung ist: Die Stadt mietet das Metropol, damit hier die Fantasie in ungeahnte Höhen klettern kann.“

Plädoyers für kulturelle Vielfalt

„Unvorstellbar“, fand Astrid Beyer vom Haus des Dokumentarfilms eine Boulderhalle in dem geschichtsträchtigen Ort. „Das Metropol war das Festivalkino“, betonte die Kuratorin des Branchentreffs Dokville. Dort liefen etwa das internationale Trickfilmfestival, das SWR Doku Festival oder das indische Filmfestival. „Von unzähligen Filmpremieren abgesehen.“ Stuttgart brauche einen solchen Ort der Kunst und des Austausches. Das unterstrich auch Cathy Nzimbu Plato. Im Metropol müssten sich alle Sparten der Kunst, Menschen jeden Alters und verschiedener Nationen treffen, so die Vorsitzende des Forum Afrikanum e. V. und Aktivistin der Kongo-Kampagne für Frauenrechte, Ende der sexuellen Gewalt und faire Rohstoffe. „Ein Ort der Bildung und Vermittlung: Kultur ist ein Mittel gegen Rassismus!“

Ein Plädoyer für kulturelle Vielfalt hielt auch Anna Ioannidou. Die Vorsitzende der Griechischen Gemeinde Stuttgart und Stellvertretende Vorsitzende des Theaters Tri-Bühne betonte, dass in Stuttgart Menschen aus mindestens über 170 Nationen lebten. Stuttgart habe hier seit OB Rommel vieles gut gemacht. Indes spiegele sich das Bild nicht in den oberen Ebenen der Verwaltung wider, es fehle ein gemeinsames Kulturhaus. „Es ist noch was zu tun!“ Sie kam 1972 als Neunjährige mit ihren Gastarbeitereltern nach Stuttgart, habe im Metropol ihre ersten Filme gesehen, dort Kinder, Neffen und Nichten das Kino nahegebracht. „Es ist ein Stück Heimat geworden. Lasst uns dort einen Ort der Begegnung schaffen, eine Heimat für Menschen vieler Länder.“

Passend dazu intonierten Sängerin Eva Leticia Padilla, aus der New Yorker Bronx stammend, und Gitarrist Dany Labana Martinez, seines Zeichens Kubaner, unter anderem „Chan Chan“ der Band Buena Vista Social Club – 1999 von Regisseur Wim Wenders beeindruckend dokumentiert. Tänzer Fabrice Ottou begeisterte mit seinen afrikanischen Moves und Isolations zu Konga-Rhythmen. Dazu Joe Bauer: „Begegnung ist immer auch Bewegung!“