Rund 100 Teilnehmer zählt die Demonstration gegen Ausgangssperren am Freitagabend auf dem Stuttgarter Marienplatz. Die Teilnehmer setzten ein deutliches Zeichen.

Stuttgart - Lust auf einen Tanz in den Mai! Genau das hatte die Handvoll junger Frauen am Rande des Marienplatzes. Stattdessen frösteln sie und nutzen das Vordach der Eisdiele als Unterstand gegen den nasskalten Regen – und um die Lage zu checken: „Mal sehen, ob da noch was geht!“ Das heißt hier am späten Freitagabend: Mal sehen, ob überhaupt eine Demo zustande kommt.

 

Das aber ist zuviel der Skepsis, auch wenn sich die gut hundert Teilnehmer der „Demonstration gegen Ausgangssperren“, die bei den beiden Vorgänger-Demos jeweils rund 300 Teilnehmer gezogen hatte, nun locker auf der östlichen Hälfte des Platzes verteilen. Die sichtbaren Mannschaftswagen der Polizei hochgerechnet, ergibt sich in der Relation von nur punktuell unmittelbar präsenten Polizisten und Protestierenden ein Zahlenverhältnis von eins zu eins.

Lesen Sie auch: Diese Corona-Regeln gelten in Ihrem Kreis

Forderung nach einem echten Lockdown

In jeder Hinsicht klar sind auch die Positionen, die bei der Kundgebung vertreten werden. Vorneweg grenzen sich die Organisatoren von „Solidarität und Klassenkampf“ ab von Corona-Leugnern und „rechten Schwurblern“: „Fuck Querdenker“ markiert als Großbanner den Standort, flankiert von „Gegen Ausgangssperren – Echte Pandemiebekämpfung statt Symbolpolitik“. So bekennt die erste Rednerin: „Wir haben keinen Bock mehr auf die verdammte Corona-Politik, die unserem Freizeitverhalten die Schuld zuschiebt für die Ausbreitung der Pandemie“. Die tatsächliche Verbreitung des Virus finde dort statt, „wo viele Menschen in geschlossenen Räumen zusammen sind“. Und das sei dort der Fall, wo sich die Politik nicht rantraue: „Corona fährt mit auf Arbeit!“ Nötig aber wäre „ein echter Lockdown, um auch in Stuttgart die Inzidenzen deutlich zu senken.“

So diene „die sinnlose Einschränkung von Freiheitsrechten“ nicht dem Ziel, Existenzen zu retten, sondern „der Priorität des kapitalistischen Systems mit der Profitmaximierung als dessen zentralem Zweck“. In einem Atemzug damit genannt wurde „Hochrüstung von Militär und Polizei“, wobei es „dem System“ auch um „vorbereitende Aufstandsbekämpfung“ gehe.

Kein Demonstrationszug durch Heslach

Konkret wurde es dann mit dem Beitrag eines Erziehers, der schilderte, wie extrem sich die Belastung in der Notbetreuung der Kitas darstellt: mit einer Betreuungsperson für Gruppen von 20 Kindern, ohne die Möglichkeit der Mischung von Gruppen. Oder Entlastungsmöglichkeiten wie Ausflüge. Seine Kritik brachte er so auf den Punkt: „Der Politik geht es darum, die Wirtschaft am Laufen zu halten anstatt die Gesundheit aller zu schützen.“ Er forderte „eine bezahlte Pause für alle“ und schloss: „Lasst uns für eine Gesellschaft kämpfen, in der es um das Wohl aller geht, und nicht um den Reichtum Einzelner.“

In Anbetracht des nasskalten Wetters beschlossen die Veranstalter, auf den geplanten Demonstrationszug durch Heslach zu verzichten. Der Marienplatz leerte sich dann sehr zügig. Noch deutlich vor Beginn der Ausgangssperre.