Demonstration in Waiblingen Streikwelle im Rems-Murr-Kreis

Im Tarifstreit im Öffentlichen Dienst hat die Gewerkschaft Verdi am Mittwoch fast alle Berufsgruppen zur Niederlegung der Arbeit aufgerufen – etwa 450 demonstrierten in Waiblingen.
Waiblingen - Florian Kleiner lässt „seine“ Kinder auf der Korber Höhe nur schweren Herzens im Stich. Eigentlich würde sich der Erzieher im Waiblinger Salierschulzentrum lieber darum kümmern, dass dort die Ganztagsbetreuung in den Klassenstufen drei und vier gesichert ist, doch heute läuft die 44-jährige Führungskraft zusammen mit rund 450 Gleichgesinnten durch Waiblingen und macht seinem Unmut lautstark Luft.
Gestreikt wird heute „querbeet“
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat für diesen Mittwoch erneut Beschäftigte des öffentlichen Dienstes im Rems-Murr-Kreis zum Streik aufgerufen – diesmal „querbeet“, wie Cuno Brune-Hägele, der Geschäftsführer von Verdi Stuttgart sagt und gleichzeitig betont, dass er mit der Resonanz angesichts des regnerisch-ungemütlichem Wetters hochzufrieden sei.
Tatsächlich ist der Demonstrationszug bunt gemischt: Kita-Erzieher laufen neben Stadtwerke-Technikern, Angestellte der Abfallwirtschaftsgesellschaft neben Landratsamts- oder Rathausmitarbeitern. „Meine absolute Lieblingskommune ist heute Korb“, sagt Brune-Hägele bei der abschließenden Kundgebung am Alten Postplatz, „da geht jetzt gar nix“.
Auch die Kreissparkasse muss an diesem Tag offenbar mehrere Filialen schließen. 19 Zweigstellen hätten zu, sagt der Gewerkschaftssekretär Christian Miska. Rund 150 Mitarbeiter der Bank mit öffentlichem Gewährträger hätten die Arbeit für einen Tag niedergelegt.
„Überhaupt“, sagt Cuno Brune-Hägele, „gehen wir nach den Rückmeldungen davon aus, dass sich noch weit mehr Beschäftigte an dem Streik beteiligen als hier zur Demo gekommen sind.“ Die Rems-Murr-Kliniken hingegen waren von diesem Streik ausgenommen, wenngleich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für den Nachmittag zu einer Solidaritätskundgebung für Beschäftigte der Gesundheits- und Pflegeberufe auf dem Schorndorfer Marktplatz geladen hatte.
Gewerkschaft: Streik hätte nicht sein müssen
Das dosierte Muskelspiel in verschiedenen Bereichen und an verschiedenen Orten ist offenkundig Teil der Taktik der Gewerkschaft. Am 22./23. Oktober steht die dritte Verhandlungsrunde im Tarifstreit für den Öffentlichen Dienst an, in dem die Gewerkschaft 4,8 Prozent mehr Lohn fordert, ohne ein wirkliches Gegenangebot zu haben. Bis dahin werde man die Aktivitäten wellenmäßig forcieren, um den nötigen Druck aufzubauen, sagt Brune-Hägele, „die Arbeitgeber brauchen den offenkundig, um sich zu bewegen“.
Seiner Meinung nach hätte es zu dieser Auseinandersetzung nicht kommen müssen. Die Gewerkschaft habe eine kurzfristige Übergangsregelung angeboten, um die besondere Corona-Situation zu überbrücken, doch die Arbeitgeber hätten wohl darauf spekuliert, „dass wir in diesen Zeiten keine Leute mobilisieren könnten. Aber da haben sie sich getäuscht“, sagt Brune-Hägele.
Florian Kleiner, der gar nicht gewerkschaftlich organisiert ist, sagt, dass er mit sich gerungen habe, ob er sich an dem Streik beteiligen solle. Schließlich wisse er als Vater selbst, was ein Ausfall der Kinderbetreuung für Eltern bedeuten könne. Aber es sei zu viel schief gelaufen in der Vergangenheit und nun dringend nötig, ein Zeichen der Solidarität zu setzen. „Die Applauskultur der vergangenen Monate war wirklich schön, aber die Wertschätzung muss sich jetzt auch mal auszahlen.“
Auch am Donnerstag wird gestreikt
Stuttgart
Die von Verdi angekündigte Warnstreikwelle wird am Donnerstag die Landeshauptstadt treffen. Die Bürger dort werden sich auf einige geschlossene Einrichtungen einstellen müssen. Verdi hat Beschäftigte von Kitas, dem Klinikum, der Müllabfuhr, der Bäder sowie die gesamte Stadtverwaltung aufgefordert, die Arbeit niederzulegen.
ÖPNV
Indirekt dürfte auch der Rems-Murr-Kreis von dem Streik am Donnerstag betroffen sein, denn auch die SSB mit Stadtbahnen und Bussen wird bestreikt. Auswirkungen wird das zumindest auf Verbindungen nach Fellbach haben.
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