Das Finanzamt kritisiert die „politische Positionierung“ des Demokratischen Zentrum Ludwigsburg. Der Verein ist nicht der erste, dem die Gemeinnützigkeit aberkannt wird.

Ludwigsburg - Das Finanzamt Ludwigsburg hat dem Demokratischen Zentrum Ludwigsburg (Demoz) die Gemeinnützigkeit aberkannt. Das Amt wirft dem Verein vor, sich politisch zu positionieren, beispielsweise durch eine kapitalismuskritischen Vortrag mit dem Titel „Einführung in die Idee des Anarchismus“. Das sagte Sarah Lincoln, eine Juristin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), anlässlich eines Pressegesprächs am Montag. Außerdem kritisiere das Amt, dass die Angebote des Demoz nicht der Allgemeinheit dienten, da auf dessen Website Personen, „die rechtsextremen Parteien oder der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder die durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind“, von Veranstaltungen ausgeschlossen würden.

 

Allianz fordert: Gesetzgeber muss erklären, was er unter politischer Bildung versteht

Eine Anfrage unserer Zeitung beim Ludwigsburger Finanzamt blieb unbeantwortet. „Das Amt gibt grundsätzlich keine fallbezogenen Auskünfte“, ließ der Behördenleiter Andreas Brockmann mitteilen. Zum Einzelfall könne auch sie sich nicht äußern, sagte eine Sprecherin des Stuttgarter Finanzministeriums. Sie versicherte jedoch, dass auf einer länderübergreifenden Fachebene über eine mögliche Gesetzesänderung diskutiert werde.

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Unterdessen haben sich 130 Vereine und Stiftungen zu der Allianz Rechtssicherheit für politische Willensbildung zusammengeschlossen, die ein überarbeitetes Gemeinnützigkeitsrecht fordert. Nach Ansicht von Stefan Diefenbach-Trommer, einem Sprecher der Allianz, geht es im Fall des Demoz nicht um eine Förderung der Anarchie, sondern um die Debatte über eine gerechte Gesellschaft. Der Gesetzgeber müsse erklären, was er unter politischer Bildung verstehe.

Im Februar hat Attac den Status verloren

Nachdem im Februar der Organisation Attac die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war, sei nun erstmals ein kleiner Verein betroffen, meint die Juristin der GFF, die das Demoz in dem Rechtsstreit unterstützt. Auch für andere Vereine, die sich etwa für christliche Werte einsetzen und gegen Sexismus oder Antisemitismus einträten, könne es schwierig werden. Politische Bildung müsse überparteilich, aber nicht wertneutral sein, sagte Sarah Lincoln: „Alle engagieren sich für eine Sache, für die sie brennen. Das geht immer mit einer Position einher.“

Das Demoz ist ein selbstverwaltetes soziokulturelles Zentrum, dessen Jahresbudget bei knapp 50 000 Euro liegt. Etwa ein Viertel der Zuschüsse sei an die Gemeinnützigkeit gekoppelt, sagte Yvonne Kratz vom Demoz-Vorstand. Der Verein kann nun Einspruch einlegen. Bleibt es dennoch bei der Aberkennung der Gemeinnützigkeit, kann das Anliegen vor das Finanzgericht gebracht werden.