Der Journalist Deniz Yücel ist wieder auf freiem Fuß. Es ist das Ende eines diplomatischen Skandals. Die Umstände der Freilassung sind noch nicht klar. Deutschland hat sich von der Türkei hoffentlich nicht erpressen lassen, kommentiert unser Politikredakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Deniz Yücel ist frei. Endlich. Ein Jahr hat der deutsche Journalist ohne Anklage in der Türkei im Gefängnis gesessen. Der Vorwurf der Terrorpropaganda und Volksverhetzung wurde von der Justiz nie konkretisiert. Das ist ein Vorgehen, wie es aus Diktaturen bekannt ist.

 

Wichtig ist, dass die deutsche Öffentlichkeit Deniz Yücel nie vergessen hat und auch die Bundesregierung dem skandalösen Vorgehen der Türkei in der Öffentlichkeit nicht nachgegeben hat. Klar wurde: das Verhältnis zwischen den beiden Staaten würde sich erst wieder entspannen, wenn der deutsche Journalist frei kommt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte den türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim immer wieder in einer für sie eher ungewöhnlichen Deutlichkeit darauf hingewiesen, „dass dieser Fall eine besondere Dringlichkeit für uns hat“.

Deniz Yücel wurde nie vergessen

Die Kanzlerin hat die selbstherrlich agierenden Machthaber in Ankara diplomatisch daran erinnert, wie eng die Türkei mit Deutschland verbunden ist und nicht völlig losgelöst agieren kann. Beide Länder hätten auch in komplizierten Zeiten gemeinsame Interessen, betonte Merkel immer wieder – durch die türkischstämmigen Migranten, in der Nato, bei der Terrorbekämpfung und auch in wirtschaftlichen Fragen. Nicht zuletzt aus diesen Gründen hat es auch vom türkischen Premier vermehrt Signale gegeben, dass Deniz Yücel frei kommen könnte.

Auch die Aussicht auf eine Klage vor dem Europäischen Menschengerichtshof wegen Verletzung der Menschenrechte dürfte Ankara nicht gefallen haben. Die Bundesregierung betonte zuletzt in einer Stellungnahme für das Gericht, der Reporter sei allein wegen seiner kritischen Berichterstattung in Haft.

Kein Teil eines „schmutzigen Deals“

Zu welchen Bedingungen Deniz Yücel letztendlich entlassen wird, ist nicht klar. Aus dem Gefängnis heraus hat der Reporter aber deutlich gemacht, dass er nicht Teil eines „schmutzigen Deals“ mit der Türkei sein möchte. Im Klartext: die Gefängnistore sollen sich nicht öffnen, weil Deutschland dann wieder Waffen in die Türkei schickt. Diese Verbindung hatte Noch-Außenminister Sigmar Gabriel vor wenigen Wochen ins Spiel gebracht und damit – zu Recht – viel Kritik auf sich gezogen.

Fakt ist: Berlin liefert kein Kriegsgerät an Ankara, weil dort Menschenrechte mit Füßen getreten werden und mit dem militärischen Vorgehen in den Kurdengebieten das Kriegswaffenkontrollgesetz und die Richtlinien zu Rüstungsexporten verletzt. Das hat mit dem Fall Deniz Yücel nichts zu tun. Wäre es anders, hätte Ankara mit der Freilassung des Journalisten in diesem undurchsichtigen Spiel doch gewonnen und die Bundesregierung hätte einer plumpen Erpressung nachgeben.

Die Freilassung ist allerdings nur ein Etappensieg für Yücel. Nach der Freilassung hat die Istanbuler Staatsanwaltschaft die Anklageschrift präsentiert. Offensichtlich fordert sie 18 Jahre Haft für den Korrespondenten. Die Öffentlichkeit wird auf den anstehenden Prozess blicken und die Türkei kann beweisen, inwieweit sie noch zu den Rechtsstaaten zu zählen ist.