Dennis Shipley fordert die bedingungslose Öffnung der Gastronomie. Der Chef der Alten Kanzlei setzt auf eine Strategie wie in Tübingen. Stattdessen ist in seinem Restaurant nun ein Testzentrum eingerichtet worden.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Die Alte Kanzlei hat geöffnet: Statt Zwiebelrostbraten und Spätzle gibt es dort Coronatests. Der Geschäftsführer Dennis Shipley betont im Interview, dass er seinen Mitarbeitern Beschäftigung bieten möchte.

 

Herr Shipley, warum gibt es in der Alten Kanzlei Spucktests statt Essen to go?

Ich war in Tübingen und habe mir den Modellversuch dort angeschaut. Das ist sehr interessant. Wenn wir durch Corona-Schnelltests schneller die Gastronomie wieder öffnen können, will ich meinen Beitrag dazu leisten. Außerdem habe ich mit dem Betrieb des Testzentrums die Möglichkeit gesehen, zumindest teilweise Mitarbeiter aus der Kurzarbeit zu holen. Viele von ihnen sind mittlerweile schwer wirtschaftlich gebeutelt.

Wie wird Ihr Angebot angenommen?

Sehr gut! Obwohl die Stadt direkt gegenüber auf dem Schlossplatz auch ein Testzentrum eröffnet hat. Aber unser Verfahren ist deutlich angenehmer, weil man nur in ein Papiertütchen spucken muss und kein Stäbchen in die Nase gesteckt bekommt. Die überwältigende Mehrheit findet unser Angebot daher gut. Es gibt aber auch mal kritische Stimmen: Dass wir die Infektionszahlen mit der vielen Testerei nach oben treiben würden.

Und wie besänftigen Sie die Leute?

Wer sich bei uns testen lässt, bekommt einen Gutschein für das Weinfass. Wir haben den Imbissstand vor dem Restaurant aufgestellt. Die Küche der Alten Kanzlei anzuschmeißen lohnt sich nur für den großen Betrieb. Im Imbiss kochen wir auf kleiner Flamme Maultaschen, Kalbfleischküchle, Currywurst und ein täglich wechselndes Essen. Er wird von den Auszubildenden betrieben. Dafür wollen wir mit dem Gutschein einen Anreiz schaffen.

Sie würden vermutlich auch lieber Speisen und Getränke servieren als Spucktests?

Natürlich! Für mich und meine Mitarbeiter ist es schon schmerzhaft zu sehen, wie sich bei schönem Wetter die Menschen auf dem Schlossplatz tummeln, dicht an dicht. Die könnten alle auf unserer Terrasse sitzen, schön mit Abstand an Tischen unter Einhaltung aller Hygienevorschriften. Aus unserer Sicht sind die Regeln total widersprüchlich.

Was wünschen Sie sich?

Die sofortige, bedingungslose Öffnung der Gastronomie. Nur die Terrasse zu bewirtschaften ist nicht rentabel. Wenn es länger regnet, müssen wir alle Lebensmittel wegwerfen. Ein ständiges Auf und Zu wäre sehr kostspielig. Ich kann die Alte Kanzlei auch nicht mit der Hälfte der Tische betreiben. Das deckt nicht einmal die Kosten. Aber wenn wir dürften, würden wir die Terrasse öffnen. Es ist zwar ein Drahtseilakt. Aber man muss sich anpassen. Ich bin seit einem Jahr Krisenmanager.