Mick Schumacher hat es in die Formel 1 geschafft, er startet 2021 für Haas. Der 21-Jährige hat den Aufstieg nicht dem großen Namen zu verdanken – er wurde gefördert und erinnert in seiner Arbeitsweise an Michael.

Stuttgart - Lewis Hamilton muss ein Prophet sein. Vor ziemlich genau zwei Jahren verkündete der Mercedes-Pilot via „Bild am Sonntag“: „Zu 100 Prozent werden wir den Namen Schumacher wieder in der Formel 1 sehen.“ Am Mittwoch hat der Rennstall Haas bekannt gegeben, dass Mick Schumacher ein Cockpit für die Formel-1-Saison 2021 erhält. Für den Formel-2-Piloten war das eine „emotionalen Explosion“. „Unglaublich“ sei dieses Gefühl, sagte der 21-Jährige, „diesem Traum habe ich hinterhergejagt, seit ich drei Jahre alt war.“ Mag sein, dass Lewis Hamilton eine kleine prophetische Ader besitzt, doch ganz ehrlich: So wahnsinnig hellseherisch war es 2018 nicht mehr, zu erkennen, dass der Sohn von Rekordchampion Michael Schumacher einmal beruflich in derselben Liga wie der Vater landen dürfte.

 

Gut, es gab Kritiker, die den kometenhaften Aufstieg von Schumacher junior damit verknüpften, dass der wohlklingende Name die gut geschlossenen Türen der Teamchefs in den Nachwuchsklassen im Handumdrehen öffnete. Das ist kaum abzustreiten, doch seriöse Fachleute sind nicht von einer unvorhersehbaren Entwicklung überrascht worden. Marc Surer hatte zwar einst geurteilt, Mick Schumacher sei „kein Überflieger“, doch der Ex-Rennfahrer wollte damit ausdrücken, dass der Kerl der Typ sei, der sich den Erfolg eher erarbeitet als dass er ihm in den Schoß fällt. „Er lernt dazu, und er lernt sehr schnell“, sagt der Schweizer, „bei Mick sehe ich die Begabung, dass er das, was er lernt, umsetzen kann. Das ist ganz, ganz wichtig. Die Formel 1 ist so kompliziert, da geht es nicht nur ums reine Talent.“

„Er ist nicht so verrückt wie Max Verstappen“

Auch Christian Danner, TV-Experte mit 36 Formel-1-Starts, schätzt diese Akribie, die schon seinen Vater in der PS-Szene exponiert hat. „Er saugt alles, was er lernen kann, auf wie ein Schwamm“, sagt Danner, „er macht nichts hoppla hopp, er kniet sich rein.“ Ein Blick in die Vita des künftigen Haas-Piloten dokumentiert diese positive Verbissenheit sowie die Fähigkeit, Theorie mit wenig Streuverlusten in die Praxis zu transferieren. Ob Formel 4, Formel 3 oder Formel 2 – Mick Schumacher hatte stets ein erstes Lehrjahr, in dem er irgendwo im Mittelfeld dümpelte. In dem er mehr durch seine Herkunft als durch die Platzierung auffiel. Doch in den zweiten Jahren legte er los. Formel-4-Vizemeister (2016), Formel-3-Meister (2018) und nun steht er vor dem Formel-2-Titel. Besitzt Mick Schumacher Formel-1-Reife? „Absolut“, urteilt Danner.

Die Basis hat Frits van Amersfoort gelegt, Chef des gleichnamigen Teams, der als renommierter Ausbilder gilt, Charles Leclerc und Max Verstappen gingen beim Niederländers in die Lehre. 2015 lernte Mick Schumacher bei van Amersfoort das Formel-Einmaleins. „Mick hat stets gezeigt, dass er lernen will, er hat viel und hart gearbeitet“, sagt van Amersfoort, „er ist kein so verrückter Kerl wie Max Verstappen, Mick denkt viel nach. Seine große Stärke ist, dass er ein Rennen mit dem Kopf bestreitet.“ Diese Worte erinnern an Michael Schumacher.

Managerin Kehm plant die Karriere

Der Aufstieg hat nicht nur mit Akribie, Antrieb und Auto zu tun, sondern auch mit umsichtiger Planung. Wie leicht hätte er als Teenager am eigenen Anspruchsdenken oder am Erwartungsdruck von außen zerbrechen können. „Mit seinem Namen war es doppelt schwierig“, sagt Danner, „das hat er grandios gemeistert.“ Sabine Kehm, die auch den Senior managte, lenkte den jungen Mick in die richtigen Bahnen, sortierte mögliche Stolpersteine aus, achtete sorgsam auf dessen Umgang und hielt die Medienpräsenz auf erträglichem Niveau – die Familie unterstützte und stärkte den Sohn in allen Lagen. „Sabine Kehm und alle anderen Leute, die ihn betreut haben, sind eine wirklich gute Truppe. In der Formel 1 brauchst du ein gutes Team um dich“, sagt Norbert Haug, der als Mercedes-Sportchef mit Michael Schumacher arbeitete und die Familie sehr gut kennt. Dass der Nachname weiter Druck ausübt und eine Bürde bleibt, ist unbestritten. „Viele werden jetzt hingucken, wie er sich schlägt in der Formel 1, man muss sich ja nur mal das Medienecho dieser Tage anschauen“, sagt Haug, „aber das ist der richtige Schritt für Mick und wohl verdient.“

Mick Schumacher, Produkt aus einer Prise Talent und einer Portion Fleiß, aus eisernem Willen und umsichtiger Hilfe. Die Serie freut sich auf den Sohn des Rekordweltmeisters. Hamilton, der andere Rekordchampion, der von 2010 bis 2012 gegen den Vater gefahren ist, trifft bald auf den Sohn. Am Nürburgring hatte der 21-Jährige dem Briten einen Helm des Vaters überreicht, weil der dessen Grand-Prix-Siegmarke erreicht hatte. „Mein Ziel dürfte sein, den Rekord wieder in die Familie zu holen“, sagte Mick Schumacher dabei. War’s ein Spaß oder eine Kampfansage? Prophet Hamilton ist gewarnt.