Die Geschichte der britisch-irischen Band One Direction kommt ins Kino. Wer sind die? Warum lieben Mädchen von Japan bis Mexiko sie? Die StZ stellt die derzeit angesagteste Boygroup vor.

London - Nein, hinter dem Begriff 1D versteckt sich kein neuer technischer Wundereffekt – aber sehr wohl ein seltenes Phänomen, das jetzt sogar in 3D im Kino zu sehen ist. „1D“ kreischen Millionen von Teenagern, wenn Niall Horan, Zayn Malik, Liam Payne, Harry Styles und Louis Tomlinson die Bühne betreten. One Direction heißt die Band der Stunde. Wir liefern das Grundwissen zum Hype.

 

Der Durchbruch Eigentlich waren Niall, Zayn, Liam, Harry und Louis 2010 als Solokandidaten bei der britischen Castingshow „The X Factor“ aufgetreten. Es war erst die Idee der Gastjurorin und Pussycat-Dolls-Sängerin Nicole Scherzinger, die fünf zu einer Band zusammenzutun. Im Finale reichte es zwar nur zum dritten Platz. Trotzdem gab es danach einen Plattenvertrag bei Sony. Im September 2011 schafften sie es mit ihrer Debütsingle „What makes you beautiful“ auf Platz eins der britischen Charts. Der endgültige Durchbruch gelang One Direction mit dem Release ihres ersten Albums „Up all Night“, das in 16 Ländern auf Platz eins stürmte. Die Platte verschaffte dem Quintett sogar einen Eintrag ins Guinnessbuch der Rekorde: Nie zuvor war es einer britischen Band gelungen, mit ihrem Debütalbum auf Anhieb den ersten Platz der amerikanischen Billboardcharts zu entern.

Die Musik Wenig überraschend: One Direction machen massenkompatiblen Pop mit eingängigen Hooklines. In den Texten geht es natürlich vorwiegend um Mädchen. Eher genreuntypisch ist, dass bisweilen Gitarre, Schlagzeug und Bass deutlich hörbar zum Einsatz kommen, was dem Ganzen eine rockige Note verpasst. Ärger gab es wegen des im Juli veröffentlichten Stücks „Best Song ever“. Die Nummer klingt verdächtig nach „Baba O’Riley“ von The Who, daher wurden Plagiatsvorwürfe laut. Auch Justin Biebers „Never say never“ könnte als Inspiration gedient haben.

Die Rollenverteilung Worin liegt der Vorteil von Boybands gegenüber Solo-Teeniestars? Ganz einfach: bei fünf Jungs ist für jede einer dabei. Take That, Backstreet Boys, N’Sync – das Erfolgsgeheimnis dieser Combos liegt auch darin, dass sie – wie zufällig – die ganze Palette an weiblichen Geschmacksrichtungen abgedecken. Daraus abgeleitet gibt es stets folgende Rollen zu vergeben: den Sensiblen – bei 1D gespielt von Liam. Den Niedlichen gibt Niall, der bis heute beim Film „Findet Nemo“ weinen muss und äußerlich an Justin Bieber erinnert. Den Spaßvogel mimt Louis, der sich manchmal zur Selbstironie hinreißen lässt: „Solange wir unsere Schüssel Frühstücksflocken und ein Malbuch bekommen, sind wir zufrieden.“ In Zayn sehen die Fans den Geheimnisvollen – schlägereierfahren, wiederholt von der Schule geflogen und gerne eine Kippe im Mund. Und den Part des charmanten Filous übernimmt Harry. Übrigens, die Zeitschriften „Bravo“ und „Mädchen“ sind sich einig: Selbst für Frauen um die vierzig hat 1D noch den passenden Boy, denn Zayn legt laut dem angebotenen Psychotestergebnis weniger Wert auf Äußerlichkeiten als auf tiefgründige Gespräche.

Der Style Im November 2012, als One Direction einen Bambi als beste internationale Popgruppe bekamen, stand in der StZ: Liam, Harry, Zayn, Louis und Niall sehen aus, als wären sie direkt von einem Werbeplakat der Modefirma Hollister gepurzelt. Stimmt immer noch. Die fünf sind hübsche Kerlchen in hippen Klamotten: Röhrenjeans, Sneakers, Chucks, immer die Haare schön. Harrys Wuschelkopf hat es zu einigen Schlagzeilen gebracht. So berühmt wie Justin Biebers Frisur wird sie aber nie werden. Zum 1D-Markenzeichen eignen sich eher die vielen Tattoos der Sänger: Farbkleckse, Comics, Glückszahlen, Namen, Schlüssel, Nägel, Herzen, Tier- und Totenköpfe, Sprüche, Mikrofone, Gettoblaster. Nicht gerade typisch Retortenband.

Die Fans Sie nennen sich Directioners, aber sonst unterscheidet sie nicht viel von den Fans von NKOTB oder Tokio Hotel damals: Es sind Mädchen, die Harry, Liam, Louis, Niall und Zayn „megasüß“ finden und sich durch besagte Psychotests wie „Welcher 1D-Boy passt zu dir?“ Wahrheiten erhoffen. In London werden One Direction besser vermarktet als die Royals und Beatles zusammen. Neulich, als die fünf bei der Weltpremiere ihres Films leibhaftig auftraten, flippten 10 000 hysterische Fans aus. 20 Millionen verfolgen jeden Schritt der Band auf Facebook, 15 Millionen auf Twitter. Spaßen lassen sie nicht mit sich. So initiierten eifersüchtige „Einbahnstraßenfans“ Shitstorms gegen die blöden Freundinnen von Liam und Niall. Auch Pro Sieben bekam Spott ab. Der Sender hatte die Band „Viagra für Zahnspange“ genannt. Aua.

Die Skandale Es kursieren Gerüchte, dass Zayn seine Freundin Perrie Edwards betrogen haben soll. Beweise dafür gibt es natürlich nicht, inzwischen sind die beiden jedenfalls sogar verlobt. Weniger monogam mag es Harry, der ein echter Schürzenjäger sein soll – auch wenn er jüngst einem britischen Reporter weismachen wollte, bis dato nur mit zwei Frauen im Bett gewesen zu sein. Gleichzeitig behaupten andere, Harry sei in Wahrheit homosexuell, weil er einmal auf einer Party mit zwei schwulen Models aufgekreuzt ist. Schlagzeilen machte auch Harrys Beziehung mit Taylor Swift. Die amerikanische Country-Popsängerin verarbeitete die Affäre nach der Trennung in dem Song mit dem sprechenden Titel „I knew you were Trouble“.

Die Zukunft Eigentlich dachten wir ja, die große Zeit von Boygroups à la Take That oder N’Sync sei vorbei. Die Ausmaße, die der Hype um One Direction inzwischen angenommen hat, lässt es aber abwegig erscheinen, dass die Band bald wieder in der Versenkung verschwinden wird. Wahrscheinlicher ist, dass die fünf getrennte Wege gehen – etwa weil einem Mitglied der Band der Rummel über den Kopf wächst. Auch könnte Harry, der Charismatischste des Quintetts und Liebling der Fans, dem Reiz erliegen, Robbie Williams oder Justin Timberlake nachzueifern und sein Glück als Solokünstler zu versuchen. Jetzt steht aber erst einmal der Release des dritten Studioalbums der Band namens „Midnight Memories“ an. Es erscheint am 25. November.

„This is us“ im Kino

Fünf Jungs aus einfachen Verhältnissen werden in einer Castingshow zu einer Band geformt und sind am Ende Stars mit ausverkauften Konzerthallen und Platz-eins-Hits von Neuseeland über Taiwan bis Mexiko. Wie das passieren konnte, zeigt der Film „This is us“ – eine Mischung aus Live-Auftritten, O-Tönen und Familiengeschichten der Mitglieder von One Direction. Allein am ersten Wochenende in den USA und Kanada hat die 3D-Dokumentation etwa 13 Millionen Euro eingespielt. Regie führte der Amerikaner Morgan Spurlock (42). Den kennt man aus der Doku „Super Size me“, für die er sich 2003 einen Monat lang mit Cola, Hamburger und Pommes vollgestopft hat.