Beim Augsburger Medienhändler kehrt keine Ruhe ein. Diesmal geht es um die Logistik. Diesem Geschäft droht die Abwicklung. Fatal für Weltbild, die dann nichts mehr ausliefern könnten.

München - Der Augsburger Medienhändler Weltbild könnte in wenigen Wochen ohne Logistik dastehen und damit erneut in eine existenzbedrohende Lage schlittern. „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen“, stellte die Schweizer Muttergesellschaft Also mit Blick auf ihre insolvente Augsburger Also-Tochter klar. Die könne nur noch durch drastische Schritte gerettet werden. Schuld an der Lage seien die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Betriebsrat, die „mit offenem Auge die Zukunft des Unternehmens verspielt haben“.

 

Damit hat die Schweizer Also erstmals ihr Schweigen gebrochen. Sie ist eine 40-prozentige Beteiligung des Düsseldorfer Milliardärs und Weltbild-Investors Walter Droege, der die Pleitefirma vor Jahresfrist übernommen hatte. Damals wurde er noch als Retter gefeiert. Mittlerweile ist Droege das Feindbild von Verdi und großen Teilen der Belegschaft. Er hat die unter kirchlichen Eigentümern Anfang 2014 pleite gegangene Mediengruppe auf Basis eines Sanierungsplans namens Weltbild 2.0. übernommen, diesen aber dann rasch verworfen.

Gegenseitige Schuldzuweisungen

Die Schuld am Scheitern dieses Konzepts, das zusammen mit Weltbild-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz, erarbeitet worden war, schieben sich nun Management sowie Belegschaft und Verdi gegenseitig zu. Verdi spricht von einer „Vernichtungsstrategie“ Droeges. Klar ist, dass das Tischtuch zwischen beiden Parteien zerrissen ist. Sie verkehren nur noch vor Gericht miteinander. „Auf beiden Seiten wurden Fehler gemacht“, kommentiert ein Kenner der Verhältnisse die Lage, die sich mittlerweile bedrohlich aufgeschaukelt hat.

Die Schweizer Also-Manager fordern einen Abbau von 300 der 450 Augsburger Logistik-Stellen sowie starke Lohnkürzungen für die restlichen 150 Mitarbeiter. Weltbild-Betriebsratschef Peter Fitz, der auch für Also zuständig ist, beziffert die geforderten Abschläge auf 30 Prozent. „Das ist absurd und unterirdisch“, erklärte er. Also wiederum bezeichnet den seit neun Monaten anhaltenden Widerstand von Betriebsrat und Verdi als „irrational und destruktiv“. Die Augsburger Logistik habe zuletzt binnen drei Monaten bei vier Millionen Euro Umsatz drei Millionen Euro Verlust gemacht.

Schweizer Mutter dreht den Geldhahn zu

Deshalb habe die Schweizer Mutter ihrer Augsburger Tochter den Geldhahn zugedreht, sodass diese Ende Juli Insolvenz anmelden musste. Diesen Schritt ist die Droege-Firma allerdings gegangen, als vor einer zur Vermittlung eingerichteten Einigungsstelle in Augsburg erstmals Ergebnisse greifbar waren. Insofern verwundert zumindest der Zeitpunkt des Finanzierungsstopps. Außerdem hatte Droege Anfang des Jahres die Hälfte der Weltbild-Filialen an einen im Vorfeld heftig von Verdi kritisierten Investor verkauft, der vor kurzem Pleite gegangen ist. Damit stehen die 350 Beschäftigten der betroffenen 67 Filialen vor dem Nichts. Große Teile der ehemaligen Weltbild-Gruppe erleben damit gerade ihre zweite Pleite.

Wie es mit dem Rest weitergeht, der Zentrale in Augsburg, den anderen Filialen und dem Online-Geschäft, ist derzeit offen. Die Also-Mutter werde nur dann wieder in die Augsburger Logistik investieren, wenn Betriebsräte und Verdi dem geforderten Kahlschlag und Lohnkürzungen zustimmen, stellen die Schweizer klar. Die Chancen dafür sind gering. „Aus den Reaktionen des Betriebsrats entnehmen wir keine Einsicht in die Notwendigkeit dieser Schritte und auch kein Verständnis für die drastische Notlage“, heißt es in einem Also-Schreiben aus der Schweiz. Derzeit arbeitet die Augsburger Logistik für Weltbild weiter. Das Personal wird noch bis Anfang Oktober über Insolvenzgeld bezahlt. Spätestens dann folgt ohne frisches Geld die Abwicklung. Die Geschäftsführung drohe mit der Schließung sogar noch vor dem 1. Oktober, sagt Fitz. Sollte die Logistik schließen, seien auch Weltbild und alle Filialen „tot“. Ohne Logistik könne nichts mehr an Kunden und Filialen ausgeliefert werden. Mittlerweile seien alle 1500 Stellen bei Weltbild und Also in Augsburg gefährdet. Im Management sieht man die Lage zumindest bei Weltbild weniger dramatisch. „Dann sucht sich Weltbild eben einen neuen Logistik-Partner“, heißt es aus dem Umfeld der Also-Mutter.