„Der Papyrus des Cäsar“ heißt der 36. Band des französischen Comic-Klassikers „Asterix“. Zum zweiten Mal verantworten ihn der Texter Jean-Yves Ferri und der Uderzo-Nachfolger Didier Conrad.

Stuttgart - Nur gut, dass es Miraculix gibt und seinen kräftigenden Zaubertrank. So manchen Leser dürfte danach dürsten. Die Lektüre verlangt ihm einiges ab. Nicht, dass es dem an diesem Donnerstag erscheinenden neuen Asterix-Abenteuer an Wortwitz fehlen würde. Der Texter Jean-Yves Ferri hat in „Der Papyrus des Cäsar“ wahrlich nicht mit ihm gegeizt. Schon die Namensgebung macht Freude, man denke nur an den über jeden Selbstzweifel erhabenen römischen Feldherrn Zenturio Auseinemgus. Und auch die in einem Jahr, elf Monaten und 28 Tagen bis zur letzten Tannennadel des Karnutenwaldes vollendeten Zeichnungen des Uderzo-Nachfolgers Didier Conrad bleiben nichts schuldig, laden zum genüsslichen Verweilen ein. Nur die Geschichte selbst, sie ist gewöhnungsbedürftig, will verkraftet sein.

 

Mit der Kühnheit eines gallischen Kriegers von kleiner Statur hat das zum zweiten Mal zur Feder greifende Duo Ferri-Conrad altes Rom und neue Medien zusammengeschirrt. Rufus Syndicus, der für Cäsar die Öffentlichkeitsarbeit erledigt, rät dem Herrscher zur Geschichtsklitterung. Cäsar solle in seiner Darstellung des gallischen Krieges das Kapitel über das sich allen Eroberungsversuchen erfolgreich widersetzende gallische Dorf besser weglassen, empfiehlt Syndicus. Der Rat findet Gehör. Allein, da ist noch der Schreiber Bigdatha, der das heimlich entfernte Kapitel einem Journalisten zuspielt. Der Empfänger heißt nicht Wikilix, sondern Polemix, ist aber trotzdem eine Art Julian Assange der Antike. Und so gelangt das Schriftstück zu Asterix, Obelix und den anderen gallischen Recken, die über das Verschweigen ihrer Heldentaten in Cäsars Geschichtsbuch alles andere als beglückt sind.

Obligatorisch: Fressgelage mit Wildschweinbraten

Wie die 35 vorausgegangenen nimmt das 36. Abenteuer ein gutes Ende, nach diversen Keilereien, versteht sich. Ein besonders gutes ist es diesmal, gehen der Triumph über die gemeinhin spinnenden Römer und das anschließende Fressgelage mit Wildschweinbraten satt doch einher mit einem Sieg der Pressefreiheit, sprich: mit der Cäsar abgetrotzten Freilassung aller in Rom inhaftierten unliebsamen Journalisten. Gewiss, dies ist nun wirklich nicht der erste kühne Brückenschlag in die Moderne. Schon unter Uderzos Regie hatten die gallischen Helden ihrer Zeit gelegentlich vorzugreifen. Einmal mussten sie sich sogar mit geklonten Weltraumwesen herumschlagen.

Die Tochter des Texters René Goscinnys, der mit Alberto Uderzo vor 56 Jahren Asterix und Obelix erschaffen hat, sieht darin nichts Ungewöhnliches. Es sei vollkommen normal, dass die beiden aufmüpfigen Gallier ihren geistigen Vätern eines Tages entwachsen und Neuland beschreiten würden, schreibt Anne Goscinny in der Mittwochsausgabe von „Le Monde“. Kinder wandelten sich, reiften, würden größer. Asterix sei gefestigt genug, um Neues zu wagen, sich nicht mehr nur mit Cäsar auseinanderzusetzen, sondern es auch mit dem Zeitgeist aufzunehmen, mit neuen Technologien.

Logisch: der Kleine kann die Großen besiegen

Und es stimmt ja auch. So sehr Asterix und Obelix auch im Spannungsfeld zwischen Vergangenheit und Zukunft gefordert sind, verbiegen lassen sich die zwei nicht. Unverdrossen huldigen sie der Freiheit, Freundschaft, Treue und Großzügigkeit, verkünden die zeitlos schöne Botschaft: Der Kleine kann die Großen besiegen, auch er kann austeilen, auch er muss sich nicht alles gefallen lassen. „Der Papyrus des Cäsar“, der an diesem Donnerstag mit einer Auflage von vier Millionen in zwanzig Sprachen erscheint, macht da keine Ausnahme. So neu die Herausforderungen auch sind, denen sich Asterix und Obelix zu stellen haben, ihre Tugenden sind die alten.

Jean-Yves Ferri/Didier Conrad: Asterix 36 – Der Papyrus des Cäsar. Aus dem Französischen von Klaus Jöken. Egmont Comic Collection. 48 Seiten, 12 Euro.