Horst Krause spielt in der ARD-Komödie „Krüger aus Almanya“ einen sympathischen Grantler. Demnächst nimmt der Schauspieler Abschied als Polizeihauptmeister Horst Krause vom Potsdamer „Polizeiruf“.

Stuttgart - Schauspieler werden oft mit ihren Rollen verwechselt. Bei Horst Krause ist diese Gefahr besonders groß, schließlich trägt der Polizeihauptmeister aus dem Potsdamer „Polizeiruf“ den gleichen Namen wie sein Darsteller. Ähnlich wie der Polizist zeichnen sich auch die Titelfiguren aus dem Kinofilm „Schultze gets the Blues“ oder der aktuellen ARD-Komödie „Krüger aus Almanya“ durch eine gewisse Bärbeißigkeit aus, aber alle sind im Grunde ihres Herzens gute Menschen. Da liegt naturgemäß die Frage nahe, wie das denn bei Krause selbst sei. Trockene Antwort des gebürtigen Westpreußen, der 1947 als Sechsjähriger mit Mutter und Geschwistern in Brandenburg eine neue Heimat fand: „Ich bin auch ein guter Mensch.“ Bärbeißig, fügt er hinzu, könne er ebenfalls werden: „Man sollte ja nicht voreingenommen sein, aber manchmal weiß ich auf den ersten Blick: Mit dem wird das nichts. Wenn ich jemanden aber mal ins Herz geschlossen habe, kommt er da so schnell nicht wieder raus.“

 

Im Gegensatz zum Schauspieler lässt sich der Titelheld des sehenswerten Völkerverständigungsfilm von Marc-Andreas Bochert sehr wohl von seinen Vorurteilen leiten. Krüger ist im Lauf der Jahre zu einem alten Misanthropen geworden. Im Grunde will er bloß seine Ruhe, aber sein Berliner Kiez ist mittlerweile fest in Einwandererhand: Türken, wo immer man hinschaut; und vor allem hinhört. Als seine Enkelin ihn bittet, nach Antalya zu kommen, damit er sie nach türkischer Sitte mit einem Einheimischen verloben kann, fackelt er nicht lange: In der Türkei trifft der missmutige Deutsche allerdings auf lauter liebenswerte Einheimische, weshalb sein Weltbild nach und nach ins Wanken gerät.

Gerade auch dank der Verkörperung durch Horst Krause fügt sich Krüger wunderbar in die Tradition jener zwar fremdenfeindlicher, aber dennoch irgendwie sympathischer Grantler ein, die in Tragikomödien wie „Zimtstern und Halbmond“ (Robert Atzorn) und „Dreiviertelmond“ (Elmar Wepper) lernten, über ihren Schatten zu springen. Glaubt man Krause, brauchte er selbst kaum etwas zur Qualität der Rolle beitragen: „Wenn das Drehbuch gut ist, muss ich die Figur nur noch zum Leben erwecken. Bei mir ist es grundsätzlich so, dass ich Rollen nicht spiele, sondern lebe. Deshalb wirkt es bei den Zuschauern so, als würden sie mich persönlich erleben.“

Sinneswandel in der Türkei

Den Sinneswandel des Antihelden kann Krause gut nachvollziehen: „Krüger hat mit den Türken in seiner Nachbarschaft nicht viel im Sinn. Dann reist er in die Türkei und lernt ganz andere Menschen kennen: Hier sind die Frauen nicht vermummt und die Männer sehr weltoffen. Das war auch für mich selbst eine sehr angenehme Erfahrung, denn in Berlin erlebe ich die Türken ganz anders, hier habe ich immer das Gefühl, sie wollen sich unserer Kultur überhaupt nicht annähern, sondern lieber unter sich bleiben.“ Deshalb hofft Krause auch, dass „Krüger aus Almanya“ im Verhältnis zwischen Deutschen und Türken etwas ändern kann: „Ich wünsche mir, dass der Film zu mehr gegenseitigem Respekt und zu mehr Toleranz anregt. Aber es ist entscheidend, dass dieser Lernprozess nicht einseitig verläuft. Beide Seiten müssen sich bewegen.“ Er hat noch ein weiteres Anliegen: „Wir können von den Türken lernen, stolz auf Kultur zu sein. Ich finde es sehr traurig, dass viele junge Menschen überhaupt keinen Bezug zu unserem Kulturgut haben und keine Volkslieder mehr kennen. Es ist leider immer noch nicht allen klar, dass wir viel mehr in die Bildung der Jugend investieren müssen, weil wir damit auch in unsere Zukunft investieren.“

In vier Wochen zeigt die ARD den nächsten Film mit Horst Krause. Für dessen Namensvetter ist dieser „Polizeiruf 110“ über einen abgestürzten Piloten („Ikarus“, 10. Mai) allerdings die Abschiedsvorstellung: Der Dorfpolizist wechselt in den Ruhestand. Die Figur ist vor zwanzig Jahren vom Regisseur Bernd Böhlich erfunden worden; er hat ihr mit dem Einverständnis des Darstellers den Namen Horst Krause gegeben.

Dass dies die Grenzen zwischen Schauspieler und Rolle erst recht verwischt, hat den Darsteller nie gestört: „weil es im Lauf der Jahre eine große Annäherung zwischen den beiden Krauses gegeben hat.“ Zuletzt bestand der Beitrag des Polizisten allerdings vor allem darin, mit dem Motorrad und seinem Hund im Beiwagen zum Tatort zu fahren. Deshalb hat er die Konsequenzen gezogen: „Die Figur ist von der Redaktion und von den Autoren nicht mehr bedient worden, ich kam mir überflüssig vor. Offenbar wusste man mit Horst Krause nichts mehr anzufangen. Wir haben uns dann im gegenseitigen Einvernehmen getrennt, wie man so sagt.“ Die letzten beiden Krimis hätten allerdings wieder großen Spaß gemacht: „weil die Figur deutlich stärker in die Handlung integriert worden ist.“ Missen möchte er die Jahre mit dem Dorfpolizisten ohnehin nicht: „Im Großen und Ganzen war es eine schöne Zeit.“

Die Krause-Komödien gehen weiter

Und sie muss ja auch nicht völlig vorbei sein, denn mit schöner Regelmäßigkeit denkt sich Böhlich Geschichten aus, in denen Polizist Krause die Uniform ablegt und gemeinsam mit seinen Schwestern allerlei skurrile Dinge erlebt. Filme wie „Krauses Fest“, „Krauses Kur“ oder zuletzt „Krauses Geheimnis“ sind kein bisschen Krimi, sondern liebenswerte stille Komödien – und wie praktisch alle Werke mit Horst Krause nie Zeitverschwendung.