Der Freiburger Wahlsieger Martin Horn ist als unbeschriebenes Blatt angetreten. Künftig führt er das viertgrößte Rathaus im Land.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Er kam, sah und siegte – diesen Spruch darf man bei Martin Horn getrost verwenden. „Vor dem 9. Januar habe ich mich niemals als Politiker bezeichnet“, scherzte der Wahlsieger von Freiburg im Augenblick seines Triumphs. Das werde sich wohl ändern, er habe sogar schon einen Wikipedia-Eintrag. Der schlaksige 33-Jährige mit seiner großen Brille ist zum neuen Gesicht geworden, das die Mehrheit der Freiburger Wähler dem des Amtsinhabers vorgezogen hat.

 

Überregionale Bekanntheit erlangte der Herausforderer, als er noch am Wahlabend von einem Mann angegriffen wurde. Die Attacke auf Freiburgs neuen Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) ist allerdings nicht politisch motiviert gewesen. Das ergaben erste Ermittlungen des Staatsschutzes, wie die Freiburger Polizei am Montag mitteilte. Bei dem mutmaßlichen Angreifer, einem 54-Jährigen aus dem Raum Freiburg, sei eine psychischen Erkrankung festgestellt worden. Näheres gab die Polizei zunächst nicht über den Festgenommenen bekannt. Er soll dem Politiker am Sonntagabend mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen haben.

Abgesehen von seinem Veilchen erinnert Martin Horn durchaus an den Dieter Salomon des Jahres 2002, als dieser ebenfalls als Überraschungskandidat gegen die Lörracher Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Blum gewann. Doch die größere Sensation hat Horn geschafft. Unmittelbar nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur am 9. Januar 2018 hatte niemand ernsthaft damit gerechnet, dass er die Wahl gewinnen könnte. Auch nicht die Freiburger SPD, die den parteilosen Europakoordinator aus dem Sindelfinger Rathaus als Kandidaten an Land gezogen hatte. Man hatte sich bei einem kommunalpolitischen Seminar der Friedrich-Ebert-Stiftung im Herbst des vergangenen Jahres getroffen und sich sympathisch gefunden.

Als Kupplerin war die SPD-Landesgeneralsekretärin Luisa Boos tätig, die sich nun als Architektin der Sensation feiern lassen darf. Genauso wie die junge Freiburger SPD-Spitze und ein engagiertes Team von freiwilligen Helfern, die Horn, der vor vier Monaten noch ein unbeschriebenes Blatt war, zum Sieg getragen haben.

Engagement in der kirchlichen Jugendarbeit

Der parteilose, in der Pfalz geborene Pfarrerssohn Martin Horn hat an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg internationale Sozialarbeit studiert und an der Hochschule Bremen den Studiengang European and World Politics vor vier Jahren als Master beendet. Er engagierte sich in der kirchlichen Jugendarbeit und sammelte berufliche Erfahrungen als Europakoordinator im Sindelfinger Rathaus. Er könne sich gut verkaufen, sei allgemein beliebt und mit originellen Ideen aufgefallen, heißt es in Sindelfingen.

Seine Kampagnenfähigkeit hat er im Freiburger Wahlkampf zur Überraschung aller unter Beweis gestellt. Die Kombination des klassischen Häuser- und Straßenwahlkampfs der SPD mit der Dauerpräsenz in den Internetmedien haben Horn schnell zu einer Marke gemacht, die in der Lage war, die Anti-Salomon-Stimmung für sich zu nutzen.

„Er ist durch alle Häuser gezogen, die an seinem Weg lagen“, staunt der Freiburger Sozialbürgermeister Ulrich von Kirchbach. Ein „ordentliches Ergebnis mit einem guten Resultat“ hätten sie erwartet, räumen die Sozialdemokraten durchweg ein, aber selbst für sie sei Horns Sieg in der ersten Runde eine Überraschung gewesen, gibt von Kirchbach zu. Die Erwartungen an Horn sind hoch und sehr unterschiedlich. Ein wenig bange sei ihm schon geworden, als immer mehr Menschen Selfie-Fotos mit ihm machen wollten. „Auch ich werde es nicht allen recht machen können“, schwant ihm schon vor der Amtseinführung.