Das tote Escort-Mädchen und die totale Überwachung: Im neuen Stuttgarter „Tatort“ verirren sich die Ermittler in den Abgründen der digitalen Welt.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Abwegig ist das nicht: Ein Computerprogramm, das Gestik und Mimik analysieren und so Gewalttaten vorhersagen kann. Bei Bluesky, einer Softwarefirma in Stuttgart, ist man dem Ziel schon sehr nahe gekommen. Der junge Programmierer David (Ken Duken) hat die Software entwickelt, die selbstlernend ist und so intelligent, dass sie ihren Schöpfer austrickst.

 

Es ist eine spannende Geschichte, die Niki Stein für den neuen Stuttgarter „Tatort“ ersonnen und inszeniert hat. „HAL“ ist eine Anspielung auf eine Software, die es möglich macht, mit Hardware zu kommunizieren. Und tatsächlich scheinen die Geräte hier längst ein beängstigendes Eigenleben zu führen. „Guten Morgen, David, wie geht es dir heute?“, fragt die virtuelle Mitarbeiterin. Blöde Frage, sie weiß es längst, sie kann die Mimik bestens deuten und weiß, wie es um David und seine Chefin (Karoline Eichhorn) steht.

Kein einfacher Fall

Kein einfacher Fall für die Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare), denn als eine Schauspielstudentin, die im Escort-Service jobbt, ermordet aufgefunden wird, scheint zunächst klar zu sein: Sie wurde beim Sex mit einem Kunden bestialisch erstickt. Aber nachdem die Spur zu Bluesky führt, für die die junge Frau ebenfalls gearbeitet hat, eröffnet sich die gruslig schöne neue Welt der technischen Möglichkeiten, die das Vorstellungsvermögen der Ermittler und manchmal auch der Zuschauer übersteigen. Eine Science Fiction, die auf Orwells „1984“ wie auch auf Stanley Kubricks „2001 – Odyssee im Weltraum“ anspielt, dabei aber sehr, sehr aktuell und sehenswert ist.