Der Turnstar Marcel Nguyen schont sich und seine Knochen – und verzichtet deshalb auf einen Start bei der WM in Antwerpen, die am 30. September beginnt. Für seinen Bundesligaclub MTV Stuttgart will er im Oktober aber starten.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Marcel Nguyen denkt schon weiter. In ziemlich genau drei Jahren kommt sein ganz großer Tag. Vier Jahre nach seinem zweiten Platz bei den Olympischen Spielen 2012 in London will er dann topfit sein und in Rio um den Olympiasieg turnen. Das ist das Ziel, das bei ihm über allem steht. Dafür lässt er die Weltmeisterschaften in Antwerpen (30. September bis 6. Oktober) aus.

 

„Ich muss einfach jetzt schon die Grundlagen legen, um dann in Brasilien erfolgreich zu sein. Dazu gehört auch der kontinuierliche Aufbau von neuen Übungen und auch eine gewisse Erholungsphase“, sagt der Stuttgarter. Der zweite Platz in London, der die erste Olympiamedaille im Mehrkampf für sein Land seit 1936 bedeutete, war nicht sein einziger historischer Erfolg. Anschließend gewann er auch noch als erster Deutscher die Weltcupserie. Diese Dauerbelastung hat sich allerdings bei ihm bemerkbar gemacht. Der Halbvietnamese turnte deshalb schon im April bei den Europameisterschaften in Moskau und im Mai bei den nationalen Titelkämpfen in Mannheim lediglich an zwei Geräten (Barren und Ringe), um sich zu schonen.

Damals richtete Marcel Nguyen seinen Blick auf die Weltmeisterschaften in Antwerpen, doch in den vergangenen Wochen wendete er ihn immer mehr ab. Denn er merkte zuletzt zunehmend, dass er bis zu den Titelkämpfen in Belgien nicht auf Medaillenniveau kommen wird. Das hat auch mit dem veränderten Wertungssystem für den neuen olympischen Zyklus zu tun. Der 25-Jährige musste seine Übungen umstellen, andere Elemente einüben und einbauen. Das ist zeitaufwendig. Was im Wettkampf immer spielerisch leicht aussieht, dahinter stecken unzählige Einheiten in der magnesiumverstaubten Turnhalle.

Nicht auf dem Niveau für eine WM

„In den vergangenen Wochen bin ich im Training nicht an das Niveau herangekommen, das nötig ist, um meinen Ansprüchen für die WM gerecht zu werden“, sagt Marcel Nguyen. Deshalb verlängert er seine Schonzeit und verzichtet auf Antwerpen, wo auch Lisa-Katharina Hill (ebenfalls aus Stuttgart) wegen einer Fußverletzung fehlen wird. „Wir bedauern den Entschluss von Marcel sehr, denn wir wollen bei den internationalen Meisterschaften stets mit den besten Athleten antreten. Aber auch mit Blick auf die Olympischen Spiele akzeptieren wir in diesem speziellen Fall den von ihm eingeschlagenen Weg“, sagt Wolfgang Willam, der Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes (DTB).

Das heißt aber nicht, dass die Saison des achtmaligen deutschen Meisters und dreimaligen Europameisters damit beendet ist. Den MTV Stuttgart möchte Marcel Nguyen von Mitte Oktober an zum Gewinn des Meistertitels führen. Und auch beim DTB-Pokal, dem Weltcupturnier in Stuttgart im Dezember, wird er starten. „In der Bundesliga hat meine Mannschaft noch große Ziele. Hier will ich mit neuen Übungsteilen zum Erfolg beitragen“, sagt der Olympiazweite. „Der DTB-Pokal ist ja mein Heimwettkampf, da ist für mich die Teilnahme eine Selbstverständlichkeit.“ Das passt eben auch in seinen ganz großen Plan.