Einen zweiten Trainerwechsel innerhalb einer Saison hat der VfB Stuttgart auch im Abstiegsjahr 2016 vermieden. Nun hat Markus Weinzierl eine Jobgarantie – geht die Rechnung diesmal auf?

Sport: Dirk Preiß (dip)

Stuttgart - Der Punktestand ist erschreckend, das Auftreten war schwach, sogar der direkte Abstieg droht nach wie vor – der vergangene Samstagnachmittag war kein guter für den VfB Stuttgart. Das Team hatte einen entscheidenden Schritt in Richtung Klassenverbleib geplant, am Ende wurde es ein enttäuschendes 1:1 gegen den 1. FC Nürnberg. Viel Positives gab es danach nicht aufzusaugen. Nicht für die Spieler, nicht für die Fans, nicht für die Vereinsführung – jedoch für Markus Weinzierl. Denn der besitzt seitdem eine Jobgarantie. Zumindest bis Saisonende.

 

„Wir ziehen das hier gemeinsam durch“, sagte der VfB-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger direkt nach der Partie – was bedeutet, dass Weinzierl noch während sechs Spielen in der Fußball-Bundesliga und womöglich bei zwei Relegationsspielen auf der Bank der Stuttgarter Platz nehmen darf. Was danach folgt, ist offen. Als eine Saison zuletzt derart verheerend lief, musste an deren Ende der Trainer gehen.

Jürgen Kramny hieß damals der Coach des VfB, es war die Saison 2015/2016, auch seinerzeit verzichtete der Club in der Schlussphase auf einen weiteren Trainerwechsel – weshalb nun manche Fans eine unerfreuliche Wiederholung der Geschichte fürchten. Im Mai 2016 stieg der VfB ab. Wobei: Bis auf die Treue zum Trainer haben die beiden Geschichten nicht viel gemeinsam.

Vor drei Jahren hatte der VfB viel mehr Punkte

Vor drei Jahren hatte der VfB eine deutlich bessere Ausgangsposition vor dem Endspurt: Mit 33 Punkten stand das Team sechs Spieltage vor Schluss auf Rang zwölf und hatte sechs Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang. Die Stuttgarter Annahme damals: Die drei, vier Pünktchen, die noch nötig sind um den Klassenverbleib zu sichern, werde man schon irgendwie holen. Also hielt die Clubführung um den damaligen Präsidenten Bernd Wahler und Sportvorstand Robin Dutt an Kramny fest.

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Der beklagte allerdings schon zu dieser Zeit ein Team, in dem nicht mehr viel stimmte. Alte schossen gegen Junge, zahlreiche Verträge liefen aus, manche hatten längst einen neuen Club. Gegen das Kurztrainingslager auf Mallorca wehrte sich der Coach gegen Dutt und Wahler vergeblich, dort kam es dann noch zu Undiszipliniertheiten. „Ich war ein Teil von der ganzen Geschichte“, sagte Kramny kürzlich, „aber es gab auch Leute, die ihren Beitrag hätten leisten können oder vielleicht sogar müssen, damit man es noch in die richtige Richtung lenken hätte können.“ Der damalige Coach fühlte sich nicht wirklich ausreichend unterstützt.

Der VfB-Motor stotterte zuletzt wieder

Der VfB 2019 präsentiert sich zwar nicht als zerstrittener Haufen, aber eben auch nicht als verschworene Einheit. Nach einer solchen sah es nach dem Wechsel von Michael Reschke zu Thomas Hitzlsperger auf dem Posten des Sportvorstands zwar aus. Damals sagte auch Kramny, der den Club noch hautnah verfolgt: „Ich merke schon, dass da jetzt eine Einheit entstanden ist, die vorher nicht so da war.“ Nachdem Weinzierl wegen Verletzungen seine Mannschaft ein wenig umbauen musste, stotterte der VfB-Motor am Samstag gegen die Nürnberger aber wieder gewaltig, vor allem in der Offensive. „Wir müssen mit dem Punkt leben“, klagte danach der zerknirschte Chefcoach – in dessen Bilanz sich ein Dreier gut gemacht hätte.

Kramny hatte den VfB einst auf Platz 16 von Alexander Zorniger übernommen, mit dem Team einen Zwischenspurt hingelegt und insgesamt 23 Punkte (in 20 Spielen) geholt. Eine Negativserie zum Ende der Saison unter den beschriebenen Rahmenbedingungen führte dann doch noch zum Abstieg. Weinzierl ist seit Oktober Trainer in Stuttgart, in 21 Partien sammelte er bislang 16 Punkte, der VfB kletterte vom letzten auf den drittletzten Platz – wo er seit Wochen wie zementiert verharrt.

Kein Aktionismus im Saison-Endspurt

„Wir arbeiten gut und zielgerichtet zusammen“, sagt Weinzierl über sein Verhältnis zu Sportchef Hitzlsperger. Der stärkt den Coach, wo er nur kann. Aus für ihn guten Gründen: Wie der Trainer hat auch Hitzlsperger die Hoffnung auf Platz 15 noch nicht aufgegeben. Zumindest die Tabellensituation gibt die direkte Rettung noch her – einen Anflug von Panik oder Aktionismus will der Sportchef unbedingt vermeiden. Vor allem auch mit Blick auf die wahrscheinliche Variante Relegation – in die der Club in einer möglichst stabilen Gesamtkonstellation gehen möchte.

Spätestens nach diesen zwei Partien Ende Mai ist dann klar, ob Hitzlsperger mit seiner Treue zum Trainer besser gefahren ist als sein Vor-Vor-Vorgänger im Jahr 2016.